Tönisvorst Beamer hängt im Klassenzimmer

Die „Kreidezeit“ liegt hinter den Schulen. In der GGS Hülser Straße wird interaktiver Unterricht mit dem Whiteboard gemacht.

Foto: Lübke

St. Tönis. Kinderbuchautorin Sabine Ludwig hat eine bemerkenswerte Lehrerin erfunden. Die fabelhafte Miss Braitwhistle hat stets eine Handtasche bei sich. Aus ihr zieht sie vor der Klasse Gegenstände hervor, die eigentlich unmöglich alle zuvor darin gewesen sein können.

Tobias Stengel, Konrektor der Gemeinschaftsgrundschule Hülser Straße, kann so etwas jetzt auch. Er trägt seit Februar Unterrichtsmaterial, das sich hoch auf seinem Schreibtisch stapeln könnte, in der Hosentasche mit. Per Handy beamt er papierlos Arbeitsblätter aufs neue Whiteboard im Klassenzimmer, eine weiße, auch mit Stiften beschreibbare Tafel.

Heute ist er mit seinen Schülern der Natur auf der Spur, lässt die Kinder mündlich kurze -is oder langgezogene -ies in Wörter einsetzen. Ein Tastendruck von ihm und die Kinder wissen, ob die Antwort richtig oder falsch war.

„Diese Technik revolutioniert den Unterricht“, sagt Stengel. In der Präsentation der Themen sind er und seine Kollegen der Grundschule Hülser Straße nun wesentlich flexibler. Recherche im Internet, ein kurzer Blick in einen eingespielten Lehrfilm, all das ist in Nullkommanichts möglich.

Zurzeit bereiten die Lehrer noch Power-Point-Präsentationen zu ihren Unterrichtsthemen vor und tauschen sich aus. „Das bedeutet künftig eine große Zeitersparnis“, sagt Stengel. Auch schon jetzt: „Wenn ich das alles an die Tafel schreiben müsste. . .“

Die modernen Medien — 13 Beamer hat das Kollegium in Eigenregie an einem Wochenende in allen Klassenräumen installiert — begeistern die Schüler. „Sie sind sehr motiviert. Dass das nicht nur eine Spielerei ist, hat unsere Lernzielkontrolle bewiesen.“ Mit den Ergebnissen sind Stengel und Co. sehr zufrieden.

Die Schüler haben selbst mit dafür gesorgt, dass die Rechnung in Höhe von 7800 Euro bezahlt werden konnte. Ihr Zirkusprojekt 2015 hat die Euros eingespielt, Eintrittskarten für Eltern, Einnahmen für Getränke hinzuaddiert.

Stengel: „Wir haben die von den Eltern favorisierte Medienausstattung auch schnell umgesetzt, damit die jetzigen vierten Klassen noch etwas davon haben.“

Unterricht wird aber in naher Zukunft noch nicht ohne Papier, Bücher und Lexika auskommen. Und nicht ohne Kreide: Damit schreibt Stengel immer noch die aktuellen Hausaufgaben in weißer Schrift auf die dunkle Tafel, das Whiteboard von einst. Klingt, als werde Schule die Kreidezeit bald verlassen.