Tönisvorst Vauth beschäftigt heute den Landtag
Ein Bericht des Justizministeriums schildert, warum es so lange dauert, über die Prozessfähigkeit des ehemaligen Tönisvorster Politikers zu entscheiden.
Tönisvorst. „Gerade aus Sicht der Betroffenen ist es erschreckend, dass der Prozess noch nicht begonnen hat.“ Das sagt Dietmar Brockes, Landtagsabgeordneter der FDP, mit Blick auf das Strafverfahren gegen den früheren Anwalt Lothar Vauth. Der Tönisvorster muss sich bekanntlich der gewerbsmäßigen Untreue, zum Teil mit Betrug, verantworten. In 923 Fällen soll ein Schaden von mehr als 1,9 Millionen Euro entstanden sein. „Das Verfahren ist nicht aus den Köpfen. Es bleibt beim öffentlichen Interesse“, sagt Brockes.
Die FDP-Landtagsfraktion hatte sich deshalb an den Rechtsausschuss des Landtags gewandt und um einen Sachstand in dem Verfahren gebeten. Heute tagt der Ausschuss. Das Justizministerium hat die Fragen schriftlich beantwortet. Der Bericht, der der WZ vorliegt, listet minuziös auf, weswegen sich das Verfahren so quälend in die Länge zieht.
Aus dem Bericht des Landes-Justizministeriums zum Fall Vauth
Rückblick: Am 18. Februar 2013 wird die Anklage dem Ehepaar Vauth zugestellt. Eine Woche später erklärt Vauths damaliger Verteidiger, sein Mandant sei verhandlungsunfähig. Er verweist dabei auf ein eingeholtes Gutachten. Knapp drei Monate später ordnet das Gericht ein Gutachten zur Verhandlungsfähigkeit durch einen medizinischen Sachverständigen an. Vauths Anwalt reagiert prompt: „In der Folgezeit legte die Verteidigung fortlaufend weitere ärztliche Atteste sowie auch eine umfangreiche gutachterliche Stellungnahme eines behandelnden Arztes vor“, heißt es in dem Bericht.
Es folgt der Wechsel eines Verteidigers. Der nächste Verteidiger beantragt, den gerichtlich bestellten Sachverständigen zu entlassen. Begründung: Er sei befangen. Die Kammer weist dies zurück. Die Verteidigung legt Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf weist diese zurück. Inzwischen ist es Juni 2014. Bemerkenswert ist der nächste Absatz des Berichts: „Der Angeschuldigte lehnt es seit dieser Zeit ab, sich durch den vom Gericht bestellten Sachverständigen untersuchen zu lassen.“
Ende Juli 2014: Die Verteidigung legt ein weiteres Gutachten vor und bescheinigt: schwere und dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung. Die Kammer stellt zu den ausgestellten Attesten wiederholt Fragen an die behandelnden Ärzte. Diese werden „zunächst nicht, dann nur schleppend beantwortet“, heißt es weiter. Alle gefragten Ärzte berufen sich auf ihre Schweigepflicht. Zum letzten Mal geschieht das im Februar 2015.
Zwischenzeitlich muss sich die Kammer erneut mit einem Antrag der Verteidigung auseinandersetzen, einen gerichtlich bestellten Sachverständigen zu entbinden. Den weist sie zurück, die Beschwerde folgt prompt — und wird erneut zurückgewiesen.
„In der Folgezeit ging die Strafkammer unter Einbindung der Verteidigung intensiv der Frage nach, einen weiteren medizinischen Sachverständigen zu beauftragen. Sie wandte sich an neun Fachärzte, von denen acht mitteilten, sie besäßen die erforderliche Sachkunde nicht.“ Ein Sachverständiger wird beauftragt, die Verteidigung lehnt ihn mit der Begründung ab, er wolle „nur aus finanziellen Erwägungen einen Gutachtenauftrag kreieren“.
Seit dem 1. Februar 2016 ist ein neuer Sachverständiger beauftragt. Die Verteidiger haben Vauth abgeraten, sich von diesem untersuchen zu lassen. Die Kammer fordert am 24. Februar die Behandlungsunterlagen, der Sachverständige hat einen Termin für den 15. März angesetzt. Derzeit wohl noch keine Option ist eine Zwangsmaßnahme.
Die vielen Atteste ließen Zweifel an Vauths Verhandlungsfähigkeit vermuten. „Andererseits bestünden an den vorgebrachten gesundheitlichen Einschränkungen durchaus begründete Zweifel“, vermerkt der Bericht des Justizministeriums. Er äußert sich auch zur Frage der Verjährung (siehe Kasten).