Besuch bei Verstorbenen

Zu Allerheiligen herrscht auf den Friedhöfen Hochbetrieb.

Vorst/Anrath. Es hat was von Großreinemachen: Am Donnerstag ist Allerheiligen und damit steht für viele Menschen der Besuch auf dem Friedhof an. Hin zu den Gräber der Angehörigen und Freunde, die man in den vergangenen Jahrzehnten verabschieden musste. Ohne despektierlich zu sein, kann man sagen: Es ist schon seit Tagen viel los auf den Friedhöfen. Die WZ hat sich in Vorst und Anrath umgesehen.

Es ist noch früh am Tag, aber das sonnige Wetter hat dafür gesorgt, dass die Vorster zeitig unterwegs sind. Überall wird das Laub von den Gräbern geholt, stehen Schubkarren mit Erde, waschen Menschen die Steine ab.

So auch beim Familiengrab der älteren Dame. „Mein Mann ist vor zehn Jahren gestorben. Seitdem mache ich das Grab. Aber meine Kinder helfen mir dabei“, sagt sie. Seit mittlerweile 25 Jahre lebt sie in Vorst. Und hat wohl auch die niederrheinische Mentalität verstanden: „Man muss es nehmen wie es kommt. Was bleibt anderes?“

Jede Menge zu tun hat auch Friedhofsgärtner Heinz-Gerd Kils. Er ist Ur-Vorster, kennt jedes Grab auf dem Friedhof. „Im Oktober arbeiten wir von hell bis dunkel“ — so skizziert er seinen Job.

Was Kils sehr genau wahrnimmt, ist die Änderung der Friedhofskultur. „50 Prozent aller Beerdigungen sind Urnenbeisetzungen“, sagt er. Was in Vorst vor allem eine Auswirkung hat: Die Gräberfelder werden kleinteiliger. Und trotzdem ist das alles stimmig, passend zum Rest des Friedhofs.

Das trifft auch auf das Urnengemeinschaftsgrab zu, das sich in unmittelbarer Nähe der Leichenhalle befindet. Die Urnen werden in die Erde gebracht, eine Gedenktafel an der großen Stele erinnert an den Toten.

Aber auch die Lücken sind bereits zu sehen, der Platzbedarf wird geringer. Das macht sich besonders in dem Erweiterungsteil bemerkbar, der in den 60er Jahren angelegt worden ist.

Auf der anderen Seite verläuft die alte Umrandungsmauer ein gutes Stück über das Areal. „Die ist damals als Denkmal stehen geblieben, als an dieser Seite erweitert wurde“, sagt Kils. Er kennt auch die Historie des Gottesackers, der 1884 angelegt wurde. Seit 1980 ist er in städtischem Besitz. Kils weiß auch noch, dass früher Menschen anderer Konfession benachteiligt wurden. „Die evangelischen Christen mussten lange Zeit 50 Prozent mehr Nutzungsgebühr bezahlen.“

Zurück zur Pflege der Gräber. Es komme immer wieder vor, dass Angehörige es nicht schafften, ein Grab schön zu machen. Dann beauftragten sie den Friedhofsgärtner. Und das durchaus mit den Worten: „Maak dat joot.“

Ortswechsel: Optisch ganz anders, aber in einem vergleichbar gepflegten Zustand präsentiert sich der Anrather Friedhof. Durch die vielen kleinen und großen Hecken wird die Park-Struktur betont, nur in einem kleinen Teil stehen größere Bäume.

„Ich mache das, was ich noch für meine Frau tun kann“, sagt ein Mann (73). Seine Gattin starb von acht Jahren. „Was willst du machen?“, fragt er.

Auch in Anrath ist es gelungen, die geänderte Begräbniskultur zu integrieren. Wo früher ein Grab angelegt war, passen nun zwei Urnengräber auf die gleiche Fläche.

Und obwohl dieser Friedhof kein wirklich historischer Platz ist, gibt es Stellen, an denen Besucher innehalten und einen Moment verweilen. Solche Stellen sind beispielsweise die Grabstätten der Schwestern von der Heiligen Elisabeth, ein Orden, der lange Zeit im Haus Broich ansässig war.