Wenn Schule unterfordert
Wie können hochbegabte Kinder gefördert werden? Hilfe für Eltern und Schüler vermittelte ein Vortrag in Willich.
Willich. „Ich hasse Schule.” Viele Eltern bekommen diesen Satz oft genug zu hören, wenn sich die eigenen Kinder über die Masse an Hausaufgaben beschweren. Doch für einen sehr kleinen Teil der Schüler haben Klagen wie diese einen anderen Grund: Unterforderung im Unterricht.
Unter dem Titel „Erkennung und Förderung von Hochbegabten” hatte Kai Frantzen, der sich seit über zehn Jahren mit dem Thema beschäftigt und hochbegabte Schüler begleitet, Eltern und Lehrer zu einer Infoveranstaltung in die Cafeteria des Sport- und Freizeitzentrum in Willich eingeladen. Im Fokus der Veranstaltung stand dabei speziell das Thema Schule: Wie können die Kinder im Schulalltag gefördert werden? Was sollte die Schule leisten? Was die Familien?
„Es ist für Lehrer sehr schwierig, in einer Klasse mit bis zu 30 Schülern die Bedürfnisse jedes Einzelnen zu erkennen und darauf einzugehen”, sagte Kai Frantzen. Ideal wäre ein sogenannter begabungsfördernder Unterricht. Dazu zählen offene Unterrichtsformen, wie zum Beispiel Projektarbeit, in denen Hochbegabte ihre Fähigkeiten voll ausnutzen können, unabhängig von den Mitschülern.
„Wenn Hochbegabte sich mit einem Thema auskennen und darüber ein Referat halten dürfen, fühlen sie sich ernst genommen und machen das unglaublich gut”, so der ehemalige Grundschulehrer weiter. Sind Hochbegabte permanent unterfordert, könne das große Probleme nach sich ziehen: Depressionen, psychische Probleme, all das hat der Experte schon erlebt. Einige, von den mehr als 200 Schülern, die er bereits begleitet hat, machen keine Hausaufgaben mehr. „Wozu soll ich die denn machen, das kann ich doch eh schon” — das sind Sätze, die er oft hört.
Kai Frantzen empfahl den Eltern, freundliche Gespräche mit den Lehrern zu führen. „Vieles ist dadurch zu schaffen”, berichtet er. Zu oft werden die Eltern als verzweifelt und störend wahrgenommen, das solle vermieden werden. Vielmehr müsse die Situation der Kinder ernst genommen werden.
Viele der anwesenden Eltern hatten Fragen, zum Beispiel zum Thema Überspringen. „Ganz allgemein kann man darauf keine Antwort geben, ob das sinnvoll ist oder nicht. In den meisten Fällen rate ich aber davon ab”, sagte Frantzen. Denn: Oft sei bereits nach ein paar Monaten schon die Luft wieder raus, da die Schüler auch den neuen, schwierigeren Lernstoff schneller als die Mitschüler verstehen würden.
Sabine Hermann kennt die Probleme von Hochbegabten aus eigener Erfahrung. Sie unterrichtet an der Kolpingschule und wollte sich informieren, wie sie mit solchen Problemen besser umgehen kann: „Ich habe als Lehrerin immer wieder diese Schüler und möchte sie halt entsprechend fördern.” Wenn es nach dem Experten ginge, ist mit dieser Einstellung schon ein erster Schritt getan.