Campus-Diskussion Der Bürger soll entscheiden
Tönisvorst · Die Tönisvorster Politik hat in der Campus-Debatte mit einem Ratsbeschluss die Tür zu einem Bürgerbegehren aufgemacht
Zweifache Beratungsunterbrechungen, zugespitzte Diskussionen: Das Thema Campus sorgte bereits in der ersten Stunde der letzten Ratssitzung des Jahres im Forum des Schulzentrums Corneliusfeld für erneute Verbalgefechte.
Dabei hatte die Mehrheit aus SPD, Grünen, GUT und UWT die Debatte mit einem überraschenden Vorstoß eingeleitet. Sie beantragte, dass die Verwaltung prüfen soll, welche Bedingungen für einen Ratsbürgerentscheid nötig sind. Diese Prüfung solle im Februar dem Rat vorgelegt werden. Der Beschluss wurde von allen Fraktionen einstimmig verabschiedet.
Das entscheidende Argument für den Vorstoß benannte der SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz Michael Horst: „Damit das elendige Gerede aufhört, wir würden Pflöcke einschlagen. Alle müssen dazu gehört werden. Der weitere Ablauf des Workshops soll bleiben, aber die Bürger entscheiden und nicht der Rat.“ Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hans-Joachim Kremser sprach von einem klaren Signal, dass das Votum für einen Bürgerentscheid ergeben kann. „Wir alle haben Sorge, dass wir mit unseren Bauten vor die Wand fahren.“
CDU fordert Gutachten
zum Vergleich
Die CDU beantragte, ein externes Wirtschaftlichkeitsgutachten in Auftrag zu geben, dass das Campus-Projekt im direkten Vergleich zur Ertüchtigung der Schulgebäude Corneliusfeld und Kirchenfeld mit der Erweiterung des Schulstandortes Corneliusfeld um das geplante Fachraumzentrum stellt. Außerdem forderte sie, eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine externe Machbarkeitsstudie über die Chancen, Risiken und die Durchführbarkeit des Campus in Auftrag zu geben.
Der Vorstoß, den SPD-Antrag plus den eigenen Antrag zusammen abzustimmen, wurde mehrheitlich zurückgewiesen , sorgte für minutenlange Diskussionen – und sicherte der CDU den Applaus der zahlreichen Bürger auf der Tribüne. Die Gegenseite wolle sich nur ein Hintertürchen offen lassen, das sei, „was den politischen Stil angeht, unredlich“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Rütten. Bevor über so ein Millionenprojekt in einem Bürgerentscheid befunden und darüber beraten werde, müssten die Grundlagen dafür auf dem Tisch liegen. Beim Verwaltungsgebäude sei man auch so verfahren, sagte Alexander Decher (CDU). Die Mehrheitsfraktionen hätten gemerkt, dass der Druck aus der Bevölkerung steige, hätten Angst, eine Entscheidung zu treffen und bei der Landtags- und später der Kommunalwahl die Quittung dafür zu erhalten, argumentierte Michael Lambertz (fraktionslos).
Kämmerin Nicole Waßen gab zu bedenken, dass man dann auch eine Wirtschaftlichkeitsprüfing zu möglichen Alternativmodellen wie „CampCorn“ oder dem Schulmodell vom Michael-Ende-Gymnasium vornehmen müsste. „Wenn, müssen Sie alle prüfen. Das kosten einen Haufen Geld.“ Und man müsste erstmal wissen, worauf sich die Machbarkeitsstudien am Ende beziehen soll. Wenn man die Prüfung um zwei weitere Varianten erweitere, dann könne man sich den gesamten Diskussionsprozess sparen, machte Bürgermeister Leuchtenberg klar. „Weil wir die Ergebnisse, die dann rauskommen, wo wir ergebnisoffen diskutieren, nicht prüfen können.“ Und wenn die Politik die Varianten in der Diskussion festlege, könnten aus den Workshops keine neuen Ideen und Ergebnisse einfließen. Nach Abschluss des Verfahrens werde die Verwaltung einen Vorschlag machen. Und der Rat werde dann beraten, ob er dem Bürger zur Abstimmung gestellt wird.
Die Verwaltung hält
am Zeitplan fest
“Wir werden am Zeitplan nicht rütteln“, sagte der Bürgermeister entschieden „Wir müssen spätestens im Mai, wenn wir den Bürger entscheiden lassen, zu einer Entscheidung kommen.“ Es würden dringend Schul- und Fachräume gebraucht – ob nun im Campus oder im Fachschulzentrum. Man habe Schülern und Eltern versprochen, vernünftige Bildungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Wenn die Zeitschiene und die Kosten davonliefen, sei „das Projekt gestorben“.
Später versuchte die CDU, auch durchzusetzen, dass das Bürgerkonzept „CampCorn“ von Frank Sauer und Burkhard Kuphal sowie das Konzept des Michael-Ende-Gymnasiums vom Schulvorstand in der Ratssitztung öffentlich vorgestellt werden können.
Man müsse mit einem breiten Vorwissen in die Workshops gehen, die Arbeit der Bürger würdigen, argumentierten die Vertreter der Fraktion.
Es gehe seitens der CDU nur um „Schaufensterreden“, die dazu dienten, die eigenen Interessen geschickt zu verkaufen, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Joachim Kremser (SPD). Wolfgang Folz habe für das Gymnasium im Schulausschuss eine Dreiviertelstunde lang dazu ausführen können, wobei er von falschen Informationen ausgegangen sei, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz-Michael Horst. Man wolle „nicht öffentlich in epischer Breite Dinge behaupten lassen, die nicht richtig sind. Das gehört in den Workshop“. Folz wies den Vorwurf, „Zahlen verdreht und falsche Schlussfolgerungen gezogen zu haben“, noch während der Sitzung im WZ-Gespräch vehement zurück.
Selektive Gruppen zu hören widerspreche dem doch sehr transparent angelegten Beteiligungsverfahren, sagte Meral Thoms (Grüne). Einzelne Ideen erörtern zu lassen, wäre ungerecht. Das würde dann allen zustehen, argumentierte Fred Schwirtz (UWT 2020). Man habe den mehrheitlichen Beschluss für die Workshops. Und danach sei die Politik gefragt, rief er alle dazu auf, zur Sachpolitik zurück zu kehren und sich nicht „verbal die Köpfe einzuschlagen“.
Nichts werde unter den Teppich gekehrt, die Ergebnisse der Workshops zeitnah auch im Netz veröffentlicht, versicherte Jörg Friedenberg für die Verwaltung. Die alternativen Vorlagen seien über das Ratsinformationssystem zu finden, ergänzte der Bürgermeister. Man werde einen Verweis auf die Unterlagen einstellen. Und auf dem Diskussionsportal zum Campus sollen sie ebenfalls veröffentlicht werden.
Die Mehrheitsfraktionen lehnten das CDU-Ansinnen letztendlich ab. Die CDU-Fraktion kündigte ihrerseits an, eine offene Fraktionssitzung am 14. Januar im Forum Corneliusfeld durchzuführen. Dort solle den Bürgern dann die Gelegenheit gegeben werden, ihre Ideen vorzutragen.