Matinee in Schloss Neersen Feine Spannungsbögen und furiose Melodien im Schloss
Neersen. · Das Gros des Programms in der Motte in Schloss Neersen bestritten eine Pianistin und ein Cellist der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf.
(gmk) Großes hätte der Förderverein Willicher Musik-Projekt mit der Beteiligung an einer Aufführung von Mozarts „Große Messe in c-Moll“ und der Chorfantasie von Beethoven in diesem Jahr noch vorgehabt. Doch aus diesen Plänen wird corona-bedingt nichts. So weist Kreiskantor Klaus-Peter Pfeifer in seiner Begrüßung zur Matinee im Schloss Neersen immerhin auf eine Kostprobe aus der „kleinen Neunten“ von Beethoven hin.
Das Gros des Programms bestreiten zwei Studierende der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf: die Pianistin Hyelim Kim und der Cellist Matthias Balzat. Ihre musikalische Reise führt von der Wiener Klassik bis in die Moderne.
Die Pianistin beginnt mit „Une barque sur l’océan“ von Maurice Ravel. Sie schafft eine schöne Tonmalerei, die eine angenehme Stimmung entstehen lässt. Der musikalische Wind wird stärker, das Meer bewegter, ein Auf und Ab in der Natur, das sich mehrfach wiederholt. Kim schlägt feine Spannungsbögen.
Ohne Unterbrechung geht sie über in die Sonate Nr. 8 von Mozart und bewahrt durch den Attacca-Übergang die Atmosphäre des vorherigen Stückes. Dieses prägt auch ihre Interpretation des ersten Satzes, der mit seiner Bezeichnung „Allegro maestoso“ eher zart und impressionistisch daherkommt. Ganz harmonisch fügt sie die virtuosen schnellen Passagen ein.
Kräftiger Applaus vor
der „Lüftungspause“
Gefühlvoll in unterschiedlichen Nuancen tragen Kim und Balzat die Beethovenschen Variationen über Mozarts Arie „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus der Zauberflöte vor. Mit kräftigem Applaus wird das Duo in die „Lüftungspause“ entlassen.
Anschließend gibt der junge Cellist ein Beispiel seiner Meisterschaft, indem er eine Cello-Solosonate von György Ligeti spielt. Den zweiten Satz, ein Capriccio, verwandelt er in ein furioses Stück.
Zum Abschluss folgt unter Pfeifers Leitung das Finale von Beethovens Chorfantasie. Christiane Ternes und Susanne Weber-Spickers (Sopran), Christiane Wöltgen (Alt), Winfried Bauer, Christian Leutiger (Tenor) und Toni Ulrich (Bass) interpretieren den letzten Satz in einer filigranen wie zurückhaltenden Weise. Dabei sind sie doppelt gehandicapt: Zum einen schlucken die Plastikwände viel vom leisen Gesang, der kaum eine Chance hat, durch die oft monumentale Klangmauer zu kommen, die Kim am Flügel aufbaut. Da kann man sich auf die Aufführung im nächsten Jahr freuen, wenn rund hundert Personen singen sollen.