Neersen „Härr Bodinus, sätzen Se sich“
Charme und Schalk der „Feuerzangenbowle“ kann sich das Festspiel-Ensemble nicht entziehen. Schul-Romantik bricht sich in den Proben Bahn. Das Team grüßt unisono mit: „Gu-ten Mor-gen, Herr In-ten-dant!“
Neersen. Für alle Fans der Feuerzangenbowle, hier ein Rezept, das in Neersen gemixt und ab dem 23. Juli ein Dutzend mal abends nach 20.30 Uhr ausgeschenkt werden wird. Man nehme ein spritziges, spielfreudiges Ensemble mit vielen gereiften, da erfahrenen Darstellern, aber auch mit vier unbekümmerten, jungen Talenten; lasse sie im schönen Zwirn in einem Alles-in-einem-Bühnenbild miteinander agieren, mische Swing darunter und serviere den neu inszenierten Aufguss mit der Gewissheit, dass man die Bowle als Gastgeber nicht allein, sondern immer mit hunderten Gästen auf der Tribüne teilen wird.
Heute in einer Woche feiert das zweiten Abendstück der Neersener Schlossfestspiele Premiere. 4510 Karten haben Freilicht-Theater-Fans für „die Feuerzangenbowle“ (nach dem Roman von Heinrich Spoerl) bereits geordert und reservieren lassen. Noch 1490 Karten hat Geschäftsführerin Doris Thiel im freien Verkauf.
Für Jan Bodinus dürfte sich die Verantwortung des Intendanten-Amtes am Schloss im Augenblick so federleicht anfühlen wie ein segelnder Drache bei leichter Sommerbrise an der See. Der Vorverkauf dieser sehr erfolgreichen Spielzeit läuft darauf hinaus, dass „wir die 22 knacken“. Damit meint er die Marke der 22 000 Ticketverkäufe. Die beachtliche Vorjahresbesucherzahl hat der Sommer 2016 trotz aller Wetterlaunen und Fußball-EM-Konkurrenz im Öffentlich-Rechtlichen längst eingeholt.
Zurück zum dritten großen, in Neersen einstudierten Stück, das Bodinus ebenso gefällt wie die Auslastungszahlen auf der Tribüne. „Das ist ganz klar ein Familienstück“, sagt er. Eines, das in die eigene Schulzeit, in die Zeit des Lernen Wollens und Müssens und in die gemeinsam verbrachte Jugend zurückversetze. „Schule verbindet alle.“
Der Foxtrott gibt die beschwingte Schrittfolge in dem Stück der frühen 1930er Jahre vor. „Jopi Heesters hat viel ge-swingt“, hat Bodinus recherchiert. Auch diese Melodien werden sich beschwingt auf das Stück legen.
Ausstatterin Silke von Patay hat Klassenzimmer, Garten und Pfeiffers Studentenbude als simultane Spielstätten vor dem Schlossportal umgesetzt. „Ich hoffe, das wird atmosphärisch dicht.“
Gideon Rapp (33) übernimmt die Rolle des Johannes Pfeiffer. Er spielt den jungen Schriftsteller, der in der Jugend nur Privatunterricht kennengelernt hat und nach einer Herrenrunde mit viel Feuerzangenbowle als Pennäler die Gymnasiastenzeit nachholt.
Die Schnapsidee am Zuckerhut führt ihn in die Oberprima, als „Schöler“ in den Unterricht von Professor Crey und in die vier Wände von Zimmerwirtin Winterscheid. Rapp will keine Rühmann-Kopie sein. „Ich habe versucht, einen eigenen Pfeiffer zu finden. Das Wichtigste ist die Geschichte und den Pfeiffer zu integrieren.“ Das Ganze sei ein „Riesen-Fez“.
Das bestätigt Jan-Christof-Kick, der seinen Kollegen, vor allem vier Eleven aus der aktuellen Besetzung, ein Riesenkompliment macht: Jan Wenglarz (21), Miguel Jachmann (19), Stefan Henaku-Grabski (22) und Sven Tillmann (28), die über die Nachwuchsarbeit von Sven Post an die Neersener Festspiele herangeführt wurden, seien „hochbegabt, frisch, locker“ — eine Bereicherung.
Die Jugend dankt mit kessen Sprüchen. Jachmann freut sich auf die Herausforderung. „500: die Publikumsgröße ist für mich eine neue Hausnummer.“