Eine Schwester, die hilft — auch wenn es gefährlich wird

Schwester Hatune Dogan hilft zusammen mit action medeor Menschen im Nord-Irak.

Eine Schwester, die hilft — auch wenn es gefährlich wird
Foto: Kurt Lübke

Vorst. „Ich bin dankbar, dass ich noch lebe“, sagt Schwester Hatune Dogan. Die engagierte Ordensfrau, die unter anderem die „Schwester Hatune Stiftung — Helfende Hände für die Armen“ gegründet hat, engagiert sich für die Armen in der Welt und arbeitet seit 14 Jahren mit dem Medikamentenhilfswerk action medeor zusammen. Nun kam sie zum ersten Mal nach Vorst, um über ihre Arbeit zu sprechen.

Um zu helfen, geht sie auch dorthin, wo es gefährlich ist. Beschuss von Hilfstransporten hat sie schon hautnah mitbekommen. Sie will dahin gehen, wo es die Menschen Hilfe besonders nötig haben und will selbst sehen, dass diese ankommt. Mittlerweile kennt sie in der Region viele Menschen und Tricks, um beispielsweise die komplizierte Einfuhr von Hilfsgütern zu vereinfachen.

Gebürtig aus der Osttürkei stammend hat die syrisch-orthodoxe Klosterschwester in ihrem eigenen Leben Gräueltaten an und Unterdrückung von Christen erlebt. Mit diesem Wissen konnte sie nicht mehr ruhig zu Hause sitzen und abwarten. Als sie den Bericht eines schwedischen Journalisten hörte, der von Massakern an jungen Christen im Nahen Osten berichtete, entschloss sie sich, selbst aktiv zu werden. „Dort geschieht ein Völkermord und die Welt schaut zu“, sagt die Ordensfrau empört.

Einen Schwerpunkt legt sie auf die Arbeit mit Mädchen und jungen Frauen. Viele, mit denen sie gesprochen hat, haben Entführungen, Vergewaltigungen und Verstümmelungen erlebt.

Als „politisch inkorrekt“ bezeichnet sich die Christin, die mit fundamentalen Muslimen und auch politischen Führungen — unter anderem in der Türkei — hart ins Gericht geht. Aber auch an Deutschland gibt es Kritik. „Es ist fatal, dass Waffen dorthin geliefert werden“, sagt sie. Denn so fielen diese auch in die Hände der Terrormiliz „Islamischer Staat“.

Sie hat wenig Hoffnung, dass der Konflikt in Syrien schnell zu Ende geht. Nachbarn sind zu Feinden geworden, die Kinder werden mit der Gewalt groß. Aber die Menschen dort würden sich eine Schutzzone wünschen, in der auch die Minderheiten nicht um ihr Leben fürchten müssen. „Aber es müsste von außen kommen. Nach innen gibt es kein Vertrauen“, sagt sie.

Auch wenn es die Minderheiten wie Christen oder Jesiden im Nahen Osten besonders schwer haben, hilft Schwester Hatune jedem — unabhängig von seinem Glauben.

Auch für das Tönisvorster Medikamentenhilfswerk action medoer liegt zurzeit ein Fokus auf der Hilfe für Menschen im Nahen Osten. Um die Arbeit dort zu verbessern, besuchte die medeor-Mitarbeiterin Eva Greitemann im Mai Flüchtlingslager im Nord-Irak, in den Provinzen Dohuk und Erbil, um dort Kontakte zu Hilfsorganisationen knüpfen zu können.

Neben allem Elend, das die Menschen in der Region erleben, kann Eva Greitemann auch erfreuliche Bilder zeigen. So gibt es im Camp Esyan in Dohul auch dank der Unterstützung von medeor ein Gesundheitszentrum, in sich dem vier Ärzte und 18 weitere Mitarbeiter um die Gesundheit der Menschen kümmern. Eine „mobile Klinik“ ist im Sinjar-Gebirge unterwegs.

Seit 2014 hat action medeor 32 Tonnen Medikamente und medizinische Ausrüstung für 600 000 Euro geliefert. Zurzeit laufen Sammlungen, um weitere Spenden im Wert von 45 000 Euro zu ermöglichen. „Zunächst wird es eine erste Teillieferung über 15 000 Euro geben. 5000 Euro davon sind durch eine Sammelaktion des Einzelhandelverbandes zusammengekommen“, schildert Geschäftsführer Bernd Pastors.

Die Hilfe in der Region soll ausbaut werden. Daher hat medeor nun Sophia-Helena Zwaka neu eingestellt. Die junge Berlinerin mit türkischen Wurzeln hat BWL studiert und wird im nächsten Jahr in den Nahen Osten gehen, um dort die Projekte vor Ort zu betreuen. Angst macht ihr die Aufgabe nicht, Respekt hat sie dagegen schon. „Das macht es spannend“, sagt sie.