Interview mit einer Henne: Frau Huhn im Lege-Eifer
Sie ist produktiv, freilaufend glücklich und Mitglied in einer mobilen Hennen-WG auf dem Stautenhof in Anrath. Ein Gespräch mit einer Eierproduzentin — unter freiem Himmel.
Anrath. Kein Osterfest ohne Ei. Kein Ei ohne Huhn. Da liegt heute ein Gespräch mit einer der fleißigen Produzentinnen nahe. Wir trafen Frau Huhn, geborene Lohmann, auf dem Stautenhof unter freiem Himmel zu einem Interview über Eierlegen und Futtertrog — ein Hennen-Leben zwischen Nestwärme auf Dinkelspelzen und einem Spaziergang auf grünem Gras.
Frau Huhn, ich stehe früher auf als Sie. Wie kommt’s?
Frau Huhn: Wieso glauben Sie das?
Nun, es ist schon 10 Uhr und Sie kommen jetzt erst aus dem Stall.
Frau Huhn: Stimmt, aber ich habe schon fünf Stunden meines produktiven Tagesgeschäfts hinter mir. Ich wette, mehr als Sie. Hier bei uns im Hühnerstall geht nämlich um 5 Uhr das Licht an. Dann beginnen wir Hennen in unseren weichen Nestern aus Dinkelspelzen mit dem Eierlegen. Danach nehmen wir uns genügend Zeit, um unser Getreide-Frühstück zu picken. Die Auslaufklappen des Stalls öffnen sich per Zeitschaltuhr um 10 Uhr — jedenfalls zur Sommerzeit.
Ihre Rasse, die Lohmann Classic, gilt als relativ robust. Man sagt, Sie legen viele Eier.
Frau Huhn: Also, da kann ich nicht nur für mich, sondern auch für meine 220 Lege-Kolleginnen sprechen: Jede von uns legt durchschnittlich 300 Eier im Jahr. Die Eier werden jeden Tag von Landwirt Leiders und seinen Mitarbeitern eingesammelt.
Wie klappt das Zusammenleben so vieler Hennen?
Frau Huhn: In jedem Stall wohnen drei bis vier Hähne, die für Ordnung sorgen. Wir 225 Stall-Bewohner haben außerdem insgesamt 44 Meter Sitzstangen und darunter einen Kaltscharrraum. Das klappt gut mit uns Hennen. Und abends sorgen die Hähne dafür, dass wir Hühner in den Stall gehen, bevor sich die Klappen wieder schließen.
Ich muss Ihnen ein Kompliment machen. Hier sieht’s ja gar nicht aus wie in einem Saustall. So oft klagt man bei Freilaufhaltung von Federvieh über viel Kot und Pfützen rund um den Hühnerstall.
Frau Huhn: Da ist unser mobiler Stall von großem Vorteil. Der Wagen wird alle zwei Wochen auf unserem 2500 Quadratmeter großen Auslaufgrün umgesetzt. So schonen wir die Grasnarbe und laufen immer auf frischem Grün. Das wird für die anderen vier Hühner-WGs auf dem Stautenhof auch gemacht. Ist quasi wie das Rangieren auf einem Campingplatz.
Sie wohnen ausgesprochen komfortabel, wenn ich das anmerken darf. Ihr Wohn-Mobil reinigt sich sogar dank Mistband im Handumdrehen. Da hat Ihr Vermieter ja einiges investiert.
Frau Huhn: Von diesen Hühnermobilen gibt es zurzeit deutschlandweit nur 100. Allein fünf davon stehen hier in Anrath. Dieser moderne Stall, Typ 225, kostet pro Stück 30 000 Euro. Da muss ein altes Huhn lange Eier legen. . .
Wo Sie gerade Ihr Alter ansprechen. Von alt kann da ja gar nicht die Rede sein.
Frau Huhn: Die neuen Hennen unter uns, die von einem Biogeflügelhof bei Goch kommen, sind vier bis fünf Monate alt. Ihre ersten Eier geben die bei uns in Anrath.
Früher gackerte kein einziges Huhn auf dem Stautenhof, im Jahr 2010 kamen die ersten hierher. Mittlerweile sind es mehr als 1100 Hühner und Hähne. Ist der Boom nun in der Liebe des Bauern zum Ei oder in der Liebe des Bauern zum Huhn begründet?
Frau Huhn: Früher war, hab’ ich gehört, Herr Leiders von uns Federvieh nicht begeistert. Er wollte nie Hühner auf seinem Hof haben. Aber die mobilen Hühnerställe haben es ihm so angetan, dass er sich für die Hühnerhaltung entschieden hat. Er soll schon darüber nachdenken, noch drei oder vier Ställe mehr anzuschaffen. Platz genug haben wir ja. Nun müssen wir aber unser Gespräch beenden. Ich habe da drüben einen tollen Wurm entdeckt. Den soll mir kein dummes Huhn wegpicken.