Kaisersaal: 2015 ist Schluss
Unter anderem macht der Brandschutz Probleme. Vereine müssen jetzt eine neue Bleibe suchen.
Willich. Heinrich IV. war der letzte König des römisch-deutschen Mittelalters, lebte von 1050 bis 1106. Heinrich IV. könnte auch sinngemäß das letzte Familien-Oberhaupt des Kaisersaales sein.
Denn in vierter Generation führt Heinz Schiffer den beliebten Veranstaltungssaal mitsamt der Gaststätte. Und wie er hießen sein Ur-Großvater, Opa und Vater Heinrich. Und der jetzige Eigentümer denkt ernsthaft darüber nach, zum 31. Dezember 2014 Schluss zu machen.
„Eine Entscheidung fällt von der Familie noch in diesem Jahr, aber es geht in diese Richtung“, sagt der 55-jährige Gastronom im WZ-Gespräch. Zumal 2015 eine neue bau- und brandschutztechnische Abnahme ansteht und er nicht weiß, welche Bedingungen und Forderungen dann erfüllt werden müssten.
„Die Auflagen werden sicherlich nicht kleiner“, sagt Heinz Schiffer. Zuletzt sei der Saal, in dem bis zu 500 Menschen Platz finden, 1987 umgebaut worden: „Und ich müsste diesen eigentlich dringend wieder auf Vordermann bringen.“ Tun wir uns das noch an? Welche Auswirkungen hat das strikte Rauchverbot? Was passiert, wenn es ähnlich wie in Neersen oder Schiefbahn zu Lärmbeschwerden durch Nachbarn kommt? All dies seien unbekannte Faktoren, die aber noch erschwerend hinzukämen.
Der Gastronom meint weiter: „Wäre dies nicht mein Eigentum, hätte ich schon viel früher Schluss gemacht.“ Der Saal mit angrenzender Bier-Gaststätte, in dem derzeit rund 30 Vereine und vor allem beim Schützenfest elf Schützenzüge ihr Zuhause haben, hat eine bewegte Geschichte hinter sich.
Heinrich I., also der Ur-Großvater, übernahm 1886 die damals schon bestehende Gaststätte, baute elf Jahre später den Saal an. „Da er von dem Biergeschäft allein nicht leben konnte, hatte er dort auch noch eine Bäckerei“, erzählt der Ur-Enkel. Der Großvater übernahm, starb früh 1936, im Zweiten Weltkrieg. Danach führte seine Ehefrau Berta Gaststätte und Saal weiter.
Der Saal wurde im Krieg als eine Militär-Basis der Deutschen genutzt, später wurden dort russische Kriegsgefangene (die im Stahlwerk als Zwangsarbeiter schuften mussten) beherbergt, und danach wurde er von der Gemeinde für die Aufnahme von Vertriebenen beschlagnahmt und erst 1949 wieder freigegeben.
Von Erzählungen kann sich der heutige Besitzer noch an die vielen Tanzbälle nach dem Krieg erinnern. „Viele kamen aus Krefeld und lernten dort ihren späteren Ehepartner kennen, damals gab ja keine andere Gelegenheit dazu“, sagt Heinz Schiffer. Vater Heinrich III. übernahm dann 1954 mit Ehefrau Toni, ab 1988 dann der jetzige Inhaber mit Ehefrau Brigitte.
Fast jede Woche ist im Kaisersaal irgendwas los. Dann hilft die Großfamilie, darunter auch Sohn Daniel (21) oder Bruder Detmar (51), dies alles zu händeln. Und auch Mutter Toni ist noch oft dabei und mittendrin. „Manchmal liest sie uns noch gehörig die Leviten, wenn ihr was nicht gefällt,“ sagt schmunzelnd der Sohn.
„Auf jeden Fall mache ich bis Dezember 2014 weiter“, so der Chef, der Vereine und Schützenzüge schon entsprechend informiert hat. Zumal einige Jubiläen anstehen, unter anderem das 125-jährige Bestehen der Alt-Willicher Feuerwehr, die 150-Jahr-Feierlichkeiten von „Liederkranz“ oder das 100—Jährige Bestehen von „Edelweiß“: Wie geht 2015 weiter? Sollte Heinz Schiffer aufhören, gibt es in Alt-Willich dann nur noch den Krücken-Saal, der bis zu 220 Personen fasst. „Ich mache auf jeden Fall weiter“, sagt Petra Krücken gegenüber der WZ .