Kultur im Rathaus: "Nur die Liebe quält..."
Mit der Liebe beschäftigten sich Simone Röbern und Stefan Keim im St. Töniser Rathaus.
St. Tönis. Wenn zwei Thesen aufeinander treffen, dann führt das unweigerlich zu Diskussionen. Dass solche mehr als unterhaltsam sein können, bewiesen am Wochenende die beiden Schauspieler Simone Röbern und Stefan Keim im St. Töniser Rathaus. Unter dem Titel „Nur die Liebe quält . . .“ nahmen sie als rivalisierende Doktortitelträger die größten Liebesgeschichten der Welt unter die Lupe. Ihre These dabei: Liebe vergeht.
Je höher der Grad der Romantik in einer geschlechtlichen Beziehung, je höher die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns, sagt sie. Er hält dagegen: Love, Love, Love — mehr Liebe wagen. Ein Schlagabtausch vom Feinsten, der in der Antike mit Zeus und Hera startet, die Keim für das glückliche Liebespaar schlechthin hält.
Doch Röbern sieht das alles anders: Poseidon betreibt bei ihr eine Tauchschule und wohnt in einer WG, in die Zeus einzieht. Dort kocht er Gyros mit Zwiebeln, um seine Miete abzuarbeiten, bevor er auf Hera trifft. Die wiederum baut eine vernunftorientierte Beziehungsbasis auf und ist als Paartherapeutin unterwegs.
Nach den mythologischen Helden versucht es Keim mit Romeo und Julia, deren Liebe gar nicht tragisch mit dem Tod geendet habe. „In Wahrheit haben sie überlebt, geheiratet und viele Kinder bekommen“, lautet seine These. Wie das aussehen könnte, demonstrieren die beiden auf herrliche Art und Weise.
Die baldige Silberhochzeit steht ins Haus, vier Kinder stressen Julia, die ihren Job als Zahntechnikerin für die Familie aufgegeben hat. Zu allem Übel schwänzelt auch noch ein verliebt philosophierender Romeo um sie herum. Dabei begegnen Romeo und Julia dem Bofrost-Mann genauso wie Cleopatra, die auf dem Markt Eselsmilch kauft. Und auf einmal sind die Beiden bei der Schulter zum Anlehnen.
„Nicht jeder Mann hat eine Schulter für alle Fälle“, stellt Röbern fest. Doch wer ist welcher Schultertyp? Die Halteschulter, die starke Schulter, die Migräneschulter, die Verlass-mich-nicht-Schulter, die kalte Schulter — schließlich gibt es reichlich.
Immer wieder müssen die Besucher herzlich auflachen und spontaner Applaus setzt ein. Keim im Mittelalter mit seinem Minnegesang, den er auch gleich demonstriert. Spontan versteht sich.
Die Wörter, drei an der Zahl, gibt das Publikum vor. Was Keim, kniend in Minneposition, aus „Wirtschaftskrise“, „Hosenträger“ und „Rosen“ macht lässt kein Auge trocken. Faust und sein Gretchen, Kaiser Franz Josef und seine Sissy — Pärchen folgte auf Pärchen. Beziehungen werden von beiden nach ihrer jeweiligen These analysiert und das teilweise sogar musikalisch.
Ein Abend, bei dem der veranstaltende Verein „Kultur im Rathaus St. Tönis“ wieder einmal zeigte, dass er das richtige Händchen für die Programmauswahl hatte.