Linke Sachen bei der „Linken“?
Auch nach der Bundestagswahl rumort es im Kreisverband. Vorwürfe gegen Pietsch und Stadter erhoben.
Willich/Tönisvorst. Ganz klar, sie ist als zusätzliche Kraft akzeptiert. Die Linke hat es bei der Bundestagswahl auf 7,3 Prozent im Kreis Viersen gebracht. Eine innere Stabilität hat sie damit noch nicht. Nach wie vor ist die Zahl der Partei-Eintritte hoch, allerdings auch die der Austritte - Dauerknatsch. Hinzu kommt: verdiente Mitglieder, zum Teil aus den Zeiten, als die WASG (Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit) noch nicht mit der PDS fusioniert war, verlassen die Partei.
Was passiert bei der Linken? "Viele Neumitglieder sind nach ein paar Monaten schon wieder weg", erklärt ein Mitglied, das seinen Namen nicht nennen möchte. Man könne in der Parteihierarchie ganz schnell etwas werden, noch zügiger werde man aber wieder fallen gelassen.
Wie funktioniert das? Es gibt zwei Konstanten in diesem Zusammenhang: Britta Pietsch, Kandidatin aus Oedt für den Bundestag und Mitglied des Bundesvorstandes, sowie Christian Stadter, Pressesprecher des Kreisverbandes und Mitglied im Landesvorstand. "Diese beiden sorgen auch dafür, dass zum Beispiel neue Mitglieder auf Versammlungen in ihrem Sinne mitstimmen dürfen, obwohl es die Satzung der Partei überhaupt nicht vorsieht", erklärt ein Insider. "Dann gibt’s eben eine Ausnahmegenehmigung."
"Als Neumitglied werden Sie angesprochen, ob sie nicht mitmachen wollten", berichtet ein anderes Mitglied. Wie schnell das geht, zeigt das Beispiel von Vorstandssprecherin Regina Kamphoff aus Schwalmtal. Die Frau war im März 2008 eingetreten, nach knapp neun Wochen war sie Kreissprecherin. Um wenig später die Brocken hinzuwerfen. Kamphoff bestätigt diese Fakten, will sich aber nicht weiter dazu äußern.
Das tut ein Genosse von ihr: "Sobald man dann kritische Fragen stellt, wird man isoliert, bekommt keine Informationen mehr." Das sei bei dem Vorstand der Fall gewesen, der im August 2008 abgelöst wurde, anschließend auch bei dessen Nachfolger, der in einer turbulenten Versammlung im Haus Vorst im April dieses Jahres zurücktrat.
Die Kritik an Stadter und Pietsch geht weit, zum Teil sehr weit. "SED-Methoden", ist noch einer der milderen Ausdrücke.
Edith Bartelmus-Scholich aus Krefeld kennt die Szene. Sie arbeitet für die Internet-Publikation "scharf-links.de", die im linken Spektrum hohes Ansehen genießt. "Ja", bestätigt sie, "es sind viele Mitglieder aus dem Kreisverband ausgetreten." Stadter und Pietsch hätten sich sehr auf ihre Mandate konzentriert und als erfahrene Politiker die beschriebene Masche gut beherrscht. Was sie damit meint, wird auf "scharf links" deutlich. Dort heißt es wörtlich, den beiden sei "auf ihrem Weg zu den Honigtöpfen jedes Mittel recht."
Britta Pietsch hat schon mehrfach den Kreisverband gewechselt, ist zwischen Mönchengladbach und Viersen hin und her gependelt. "Je nachdem, wie die Mehrheiten waren", sagt auch Bartelmus-Scholich.
In "scharf-links" hat Barthelmus-Scholich kürzlich Christian Stadter angegriffen. Der habe einen Persönlichkeitstest - ein regelrechtes Profiling - an den Mitgliedern eingesetzt, das teils von der Bundespartei bezahlt worden sei. Auch hierüber hatte die WZ berichtet.
Stadter hat ein Vorleben. Der ehemalige Unternehmensberater war Direktor des "Instituts für zukunftsfähige Projekte". Hier kümmerte er sich um das Beschaffen von Fördergeldern. "Seine Projekte lesen sich wie das Einmal-Eins der marktradikalen Restrukturierung", schreibt Bartelmus-Scholich. Nachdem die Vergangenheit des heutigen Kreis-Parteissprechers bekannt geworden war, hatten eine ganze Reihe von Mitgliedern, unter anderem aus Willich, der Gruppierung den Rücken gekehrt.
Wie stehen die beschuldigten Vorstandsmitglieder zu den Vorwürfen? "Dummes Zeug. Das sind Leute, die bei der Vergabe von Ämtern nicht zum Zuge gekommen sind", sagt Christian Stadter. Die Partei sei satzungsgemäß vorgegangen. Mitglieder würden zunächst für sechs Wochen aufgenommen. "Sie bekommen erst danach das volle Stimmrecht oder eben durch eine Abstimmung." Zum Thema Profiling: "Das ist mir zu dämlich, darauf einzugehen. Das ist ein völlig normales Instrument in der Organisationsentwicklung."