Lokführerin lebt ihren Traum
Barbara Pirch leitet das kleinste Eisenbahnunternehmen Deutschlands. Ihr Erfolg hat aber auch Schattenseiten.
Schiefbahn. Barbara Pirch lebt ihren Traum. Die selbstständige Lokführerin aus Schiefbahn leitet Deutschlands kleinstes Eisenbahnunternehmen und ist dadurch bundesweit bekannt geworden: Dicke Pressemappen stehen bei ihr daheim an der Linsellesstraße im Regal, Funk und Fernsehen haben sich schon mit ihr beschäftigt, tausende Briefe und E-Mails von Fans — teils sogar aus dem Ausland — sind bei ihr eingegangen. Vor wenigen Tagen erst war sie bei Frank Elstner in der Talk-Show „Menschen der Woche“ zu Gast. Im Gespräch mit der WZ verrät sie aber, dass ihr Erfolg manchmal Schattenseiten hat.
„Frank Elstner hatte mich im Radio gehört“, berichtet Barbara Pirch. Ihn faszinierte der ungewöhnliche Lebensweg der Powerfrau, die als gelernte Maschinenschlosserin Mitte der 80er Jahre Lokführerin bei der Deutschen Bundesbahn wurde. „Hätte es die Bahnreform 1994 nicht gegeben, würde ich wohl immer noch dort arbeiten“, sagt Pirch. Stattdessen machte sie sich 2001 selbstständig.
Ihre Firma „Rail4U“ besitzt zwei alte E-Loks der Baureihe 194 und befördert Güter im Auftrag von Eisenbahn-Verkehrsunternehmen — vor allem in Süddeutschland. In Ingolstadt ist auch ihr Heimatbahnhof. Mit ihrem Werkstatt-Sprinter pendelt sie regelmäßig vom Niederrhein aus dorthin: „Solche Entfernungen machen mir nichts aus.“
Eine ihrer beiden „Schätzchen“ steht Barbara Pirch seit dem vergangenen Jahr allerdings nicht zur Verfügung: Eine andere Lok war in die abgestellte 194 gekracht, seitdem streitet sich die Frau aus Schiefbahn (dort lebt die gebürtige Düsseldorferin, die in Süddeutschland aufwuchs, seit zehn Jahren) mit dem zuständigen Unternehmen über die Schadensregulierung. Pirch wird sehr deutlich: „Die haben einfach nicht die Eier in der Hose, ihre Schuld zuzugeben.“
Dass die Unternehmerin ziemlich genervt ist, kann man nachvollziehen: Als der Unfall passierte, war die andere, schon 70 Jahre alte 194 gerade nicht einsatzbereit, da sie durch den „Bahn-Tüv“ musste. Diese Hauptuntersuchung dauert Monate — und Pirch verlor in dieser Zeit etliche Aufträge. Folge: Für das Finanzamt bereitgelegtes Kapital musste aufgezehrt werden — und dann flatterte eine saftige Steuernachforderung auf den Tisch. Bis heute ist dieses Problem nicht endgültig gelöst.
Das Lachen hat Barbara Pirch dennoch nicht verlernt. „Ich bin Optimist, mein Leben lang“, sagt sie — und schaut nach vorne. Eine Lok stehe ihr ja inzwischen wieder zur Verfügung. Außerdem schreibe sie gerade an einem Buch, das den Arbeitstitel „Der tiefe Dauergriff ins Klosettbecken“ trägt. Darin setzt sich Barbara Pirch frech mit den gesellschaftspolitischen Zuständen in Deutschland und den Auswirkungen auf ihr persönliches Leben auseinander.
Sie kann sich aber auch vorstellen, ihre Popularität auf andere Weise zu nutzen: „Ich bin sehr bekannt geworden, mein Name könnte als Marke promotet werden.“ Leute wie TV-Unikum Konny Reimann hätten gezeigt, wie das geht. Barbara Pirch hat eben mehr als einen Traum.