Neersen: Auf in die Freiheit, Waldkauz!
Sylvia Urbaniak hat vier Jungtiere aufgepäppelt und nun die Käuze fliegen lassen. Sie sollen im Schlosspark heimisch werden.
Neersen. Zwei kleine Waldkauz-Waisenkinder waren ihr von der Feuerwehr gebracht worden, zwei weitere von Privatleuten. Das ist zwei Monate her. In dieser Zeit hat Sylvia Urbaniak (29) die Tiere in der Pflegestation in Mönchengladbach-Hardt aufgepäppelt.
Am Donnerstagnachmittag wollte sie das gefiederte Quartett in Neersen auswildern. Das ist (fast) geglückt: Nur einer der Käuze landete in der Cloer hinter der Eva-Lorenz-Umweltstation und musste nach diesem unfreiwilligen Wassern erst einmal trocknen. Sein nächster Abflug in die Freiheit wird in Mönchengladbach erfolgen. Die anderen drei Waldkäuze allerdings werden echte Neersener.
60 Tierfreunde waren gekommen, um das Spektakel zu beobachten. "Ach, was sind die putzig", schwärmten sie und waren gespannt auf den ersten Flug. Tierarzthelferin Sylvia Urbaniak packte sich den ersten Waldkauz, der mit dem Schnabel Knackgeräusche macht - Zeichen seiner Angst vor dem Neuen, vor den vielen Menschen. Dann der Fehlstart: Er landete auf dem Wasser, Harry Abraham und Jack Sandrock, Vorsitzender des Willicher NABU, eilten mit einem Käscher an die andere Seite des Gewässers, holen den kleinen, durchnässten Kauz. Ein zweiter Startversuch wäre wegen des nassen Gefieders zu gefährlich.
Der Tross bewegte sich weiter Richtung Sport- und Tennisplatz-Zufahrt. Sylvia Urbaniak griff in einen Pappkarton mit der Aufschrift Pampers. Mit wachen dunklen Augen schaute sie der kleine Kauz an - wenig später zeigte er, dass die Flugübungen in der geräumigen Voliere seit seiner fünften Lebenswoche Sinn gemacht haben. Mit einer Spannweite von knapp 70 Zentimetern wirkte er schon recht imposant.
Ob er sich Gedanken darüber macht, dass er ab sofort die Mäuse nicht mehr frei Voliere geliefert bekommt? Die Zuschauer wissen’s und schauen leicht beklommen. Auch die beiden anderen Tiere fliegen entschlossen ihrem neuen Leben entgegen. Harry Abraham, Kauz-Experte des Willicher Nabu, weiß, dass das erste Jahr im Leben eines Steinkauzes das gefährlichste ist: "50 Prozent der Jungbrut stirbt in dieser Zeit."
Wer überlebt, hat eine Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren. Die Tierfreunde hoffen, dass sich die Waldkäuze - drei von rund 64000 deutschlandweit - im Schlosspark ansiedeln werden. In wenigen Wochen werden sie keine Konkurrenz dulden, sondern sich ihr eigenes Revier suchen und auf Mäusejagd gehen.
Von Neersen aus ging es sofort zum Stautenhof in Anrath: Dort ist ein Nest mit vier jungen Schleier-Eulen gefunden worden. Die Mutter ist tot. Ein Fall für Sylvia Urbaniak von der Greifvogelhilfe Mönchengladbach.