Willich Neersener Schlosspark ist eine Oase der Ruhe
Vor 15 Jahren weckte die „Euroga 2002plus“ die Grünanlage aus ihrem Dornröschenschlaf. Udo Hormes und Charly Hübner haben den Prozess begleitet. Seit der Umgestaltung zieht der Park wie ein Magnet. Aufbruchstimmung.
Neersen. „Ich habe hier so viele Lieblingsplätze. Einfach einmal an einer 20 Meter hohen Esskastanie hochgucken. Oder unter einer 100 Jahre alten Platane drunter hergehen. . . Ich liebe diesen Park heiß und innig!“
Udo Hormes ist zu beneiden. Von seinem Büro im Technischen Rathaus ist der Gartenlandschaftsbauer in normalem Schritttempo in 30 Sekunden im Neersener Schlosspark, steht mitten im Grünen und weiß, dass er und sein Verwaltungskollege Charly Hübner mit dafür verantwortlich sind, dass diese grüne Lunge in Neersen seit 15 Jahren so gut angenommen wird.
„Um diese Entspannungsmöglichkeit werden wir hier kreisweit beneidet“, sagt Hormes. Seit bald 30 Jahren gehört er der Willicher Stadtverwaltung an. Die Hälfte seiner Dienstjahre hat er sich intensiv mit dieser Parkanlage beschäftigt. Die Jahreszeit Frühling schätzt er besonders: „Wenn alles sprießt und blüht.“ Wenn sich die Natur regt und reckt. Aufbruchstimmung.
Aufbruchstimmung begleitete auch die Vorbereitungsmonate vor 2002: Das war das Jahr der Euroga. Seitdem gibt es im Kreis Viersen die Fietsallee „Nordkanal“, den Verlauf der unvollendeten napoleonischen Wasserstraße, die man nun auch in Willich abradeln kann. Weitere Radrouten zwischen Rhein und Maas. Kunst und Kultur in der Natur. Und den wachgeküssten Neersener Schlosspark.
Als einen von sieben Parks verankerte ihn die Stadt Willich in der dezentralen Landesgartenschau. Die Anlage rund um das Virmond’sche Schloss öffnete sich damals nicht nur durch neu angelegte Sichtachsen wie ein typisch englischer Landschaftsgarten seinen Stammgästen, neuen Nutzern und Gelegenheitsbesuchern.
Der Park brach Rekorde. Die unvergessene Illumina, eine Klang- und Lichterinstallation, ließ im August 2002 eine Woche lang jeden Abend ab Anbruch der Dämmerung tausende Besucher nach Neersen in den Park strömen. Sie wurden verzaubert von Farben und Musik zu konzertantem Blätterrauschen. „Wir hatten damals super Wetter, Besucher kamen aus Düsseldorf hierher“, erinnert sich Hormes.
Die historische Neersener Parkanlage, rund acht Hektar groß, und ihre um 17 Hektar erweiterte neue Fläche mit Eva-Lorenz-Umweltstation und Schulgarten wurden von vielen Willichern und Bürgern der Nachbarstädte nicht nur mit ganz neuen Augen, sondern gleich mit mehreren Sinnen wahrgenommen.
Die Station, zu der Charly Hübner den Impuls gab und die durch Spenden ermöglicht wurde, schafft immer neue Anreize für Besuche. Der Naturschutzbund Willich sorgt dafür, dass dort kein Stillstand einsetzt. 1800 und mehr Kinder nutzen das Programm der Eva-Lorenz-Station. Die offene Gartenpforte lockt Besucher in Scharen in den Garten und neu auch zur Schmetterlingsinsel.
Die Gewächshaus-Gastronomie, Verweilgelegenheiten in der neuen Orangerie, waren und sind vor allem für Radler Anlaufpunkt für eine Rast im Grünen. Neersen ist zwischen April und Oktober ein Magnet. Hormes: „Der Park lebt, weil er gut besucht wird.“ Und das nicht nur, wenn Jazz und Handwerk, Sport im Park, die Schlossfestspiele und das Kinderfest im September festliche Höhepunkte setzen. Sonnige Wochenenden lassen viele Ausflügler nach Neersen aufbrechen.
Wertvolle Bäume stehen in diesem Park. Heimische wie Buchen, Esskastanien und Eichen. Exotische wie der Tulpenbaum, der ab Juni mit gelb-grünen Blütenblättern auf der Rückseite des Schlosses an der Wassergräfte auffällt, Taschentuchbaum, Magnolie oder Sumpfzypresse. Sie sind hochgewachsen. Auf sie wird ein wachsames Auge gehalten.
Udo Hormes: „Ich bange bei jedem Sturm um unsere Schätzchen. Böen haben bereits schwere Schäden angerichtet.“ So musste eine 120 Jahre alte Platane gestutzt werden. „Das tut weh.“ Eine amerikanische Eiche, gepflanzt im Jahr 1890, hat am Stamm sichtbar Pilze angesetzt. Sie werde auch nicht mehr ewig halten. „Astungswunden heilen nicht mehr“, sagt Hormes.
Regelmäßig werden Bäume begutachtet, die Stämme mit einer Bohrung kontrolliert. Der Park soll nicht nur schön, sondern muss auch sicher sein.
Viel Freude hat Hormes an den hochgewachsenen Rhododendren. Sie gehören zum Urbestand und werden bald in voller Blüte stehen. Bis es im Rosarium blüht und duftet, dauert es noch. Aber dort sorgen Paten aus der Bürgerschaft ganzjährig dafür, dass man schnuppernd von Beet zu Beet gehen kann.
Für die Ohren gibt’s im Park viel zu hören. Dohle, Kleinspecht, Pirol, Stieglitz und der Waldkauz verbreiten in den Baumkronen nicht nur frühmorgens Aufbruchstimmung.
Die Euroga trug den Beinamen „2002plus“. Das Plus stand für die Nachhaltigkeit. Die Projekte sollten weit über das Euroga-Jahr hinauswirken und bestehen. Die Neersener Parkerweiterung ist bis heute ein Paradebeispiel. Mitarbeiter, die dort ein Freiwilliges Ökologisches Jahr ableisten, hinterlassen ihre Spuren. So haben Olivia Nickel und Julia Wolski ein Weidensofa geflochten. Das wird auch ein neuer Lieblingsplatz. Einmal darauf die Liege-position einnehmen und durch die jungen Baumkronen in den Himmel gucken — das verschafft beste Ausguckstimmung. Vielleicht auch schon an diesem Osterwochenende.