Tönisvorst Zum Aufbruch gehört Hoffnung

Christian Dierlich ist seit Februar Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde in St. Tönis. Bald wird er mit seiner Familie von Meerbusch nach St. Tönis umziehen.

Tönisvorst: Zum Aufbruch gehört Hoffnung
Foto: Kurt Lübke

St.Tönis. Christian Dierlich ist mittendrin im Aufbruch. Seit Anfang Februar ist er offiziell Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde in St. Tönis, noch wohnt seine Familie in Meerbusch. Ein Ende des Pendelns ist aber in Sicht. „Im Mai ziehen wir um“, sagt Christian Dierlich. Er und seine Familie freuen sich darauf, in ihrem neuen Zuhause in St. Tönis anzukommen.

Verschiedene Stationen hat er in seiner beruflichen Laufbahn als Pfarrer schon erlebt. Jeder Aufbruch bringt die Möglichkeit, neue Perspektiven zu entdecken. Für Christian Dierlich war wichtig, dass er weiß, wohin er aufbricht. Seine Familie soll sich in der neuen Heimat gut aufgehoben fühlen.

Jedes Mal bedeutet Aufbruch aber auch das Aufgeben von Liebgewonnenem. Beim Verabschiedungsgottesdienst in seiner vorherigen Gemeinde in Meerbusch-Büderich sei ihm das klargeworden. „Die Kirche war voll und ich habe viele Menschen gesehen, mit denen ich gute Kontakte hatte.“

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, heißt es in dem Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse. Es heißt in dem Text aber auch: „Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben.“

Das sieht Christian Dierlich etwas anders. Denn das Trauern gehört zum Neuanfang dazu. „Wenn man aufbricht, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was man zurücklässt“, sagt er.

Als Pfarrer trifft er immer wieder auf Menschen, die Aufbrüche mitmachen. Manchmal sind es schöne, wie Hochzeiten oder Taufen. Mal sind es Abschiede, wenn ein geliebter Mensch gestorben ist. „Ich sehe mich da immer mehr als Begleiter als der, der vorneweg geht“, berichtet er. Die Aufbrüche machen die Menschen selbst. Aber sie auf dem neuen Weg für ein paar Schritte zu begleiten, kann weiterhelfen, um im Abschied die Hoffnung auf das Neue zu erkennen. Beim Kontakt mit jungen Menschen ist ihm wichtig zu begleiten, aber diese nicht in eine bestimmte Richtung zu drängen. Das könne nicht funktionieren.

Als Student hatte sich Christian Dierlich zu einem Aufbruch entschieden, der ihn für eine Zeit seines Studiums nach Jerusalem führte. Die Anfangszeit war dabei nicht leicht. Aber die Tatsache, dass er sich selbst dafür entschieden hatte, habe ihm geholfen, die Anfangsschwierigkeiten zu meistern — und natürlich der Kontakt zu den anderen Menschen, auf die er dort getroffen ist. „Ich würde diese Erfahrung nicht mehr missen wollen“, sagt der Pfarrer heute.

Beeindruckt habe ihn in Jerusalem die Selbstverständlichkeit, mit der die Menschen dort mit ihrem Glauben umgehen. Religion ist dort überall präsent. Bei seinem Besuch in Israel hat er am Wandern Gefallen gefunden. Mit dem Rucksack ging es durch die Wüste, den Blick frei für das Ziel und mit dem Vertrauen darauf, dass man schon an- und wieder zurückkommt.

Dabei muss Christian Dierlich an ein Lied mit dem Text von Klaus-Peter Hertzsch denken. „Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt. Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen, das Land ist hell und weit.“ Aufbruch und Hoffnung sind für ihn eng miteinander verbunden.

Der Neuanfang in St. Tönis ist Christian Dierlich gut geglückt. Er freut sich über die Atmosphäre der Offenheit und des Willkommens, mit der er in seiner neuen Gemeinde aufgenommen wurde. Es sind die vielen kleinen Dinge, an die er sich nun gewöhnen muss. Wo was zu finden ist zum Beispiel — und wenn es nur die Lichtschalter sind.

Die Osterzeit ist eine besondere Zeit für Christen. Die Jünger Jesu seien Menschen gewesen, die schon viel zurückgelassen hatten. Aber mit diesem Aufbruch, den Jesus von ihnen verlangte, taten sie sich schwer. Judas sei in diesem Zusammenhang sehr interessant. „Er ist ein enger Vertrauer Jesu, der eine andere Erwartung hatte und der sich aus Enttäuschung abwendete“, erläutert Dierlich.

Heute ist Karsamstag. Ein Tag, an dem in der kirchlichen Liturgie nicht viel passiert. Die christliche Welt ist im Schwebezustand. „Das eine Extrem, die Kreuzigung, liegt hinter uns, das andere Extrem, die Auferstehung, vor uns.“ Dieser unauffällige Tag ist für Dierlich daher so wichtig, weil er unser „normales“ Leben so gut widerspiegelt. „Meistens stehen wir im Leben ja doch zwischen den Extremen“, sagt er.