Neues Projekt der Willicher Seniorenstelle Wie das Ehrenamt einsamen Menschen helfen kann
Willich · Die Seniorenstelle in Willich hat ein besonderes Projekt gestartet — die „Willicher Zeitboerse“. Derzeit wird ein Pool an Ehrenamtlern aufgebaut. Wie ein Besuchs- und Begleitdienst einsamen Menschen bei der Alltagsbewältigung hilft.
. Der Corona-Lockdown hat das Problem noch mehr vor Augen geführt: Auch in Willich gibt es das Phänomen, dass Menschen in Einsamkeit leben – unabhängig von Alter und Einkommen. Auf Basis eines CDU-Antrags von Januar 2021 beschäftigen sich Politik und Verwaltung seither unter Einbeziehung von Fachleuten damit, das Problem zu analysieren und Bewältigungsmaßnahmen zu entwickeln. Das Team der Willicher Seniorenstelle hat jetzt ein erstes Projekt gestartet – die „Willicher Zeitboerse“.
Ein Teil davon ist ein ehrenamtlicher Besuchs- und Begleitdienst, für den Philipp Haeser (Seniorenstelle) gerade einen Pool von Freiwilligen aufbaut. Dabei geht es nicht um spezielle Fertigkeiten, sondern um „Leute, die Zeit aufwenden“, sagt er. Menschen, die zum Beispiel einsame Personen zu Hause besuchen, um gemeinsam zu spielen, zu kochen, zu backen oder einfach um in alten Erinnerungen kramen. Möglich sind auch gemeinsame Spaziergänge, der Besuch von Kulturveranstaltungen oder Gottesdiensten oder die Begleitung bei Behördengängen und Arztterminen. Besucher und Besuchter können gemeinsam Hobbys wiederentdecken – wie Malen, Musik oder Basteln, beschreibt Haeser weitere mögliche Tätigkeiten. Dazu können die Ehrenamtler auf andere Angebote in der Stadt wie etwa die in den Begegnungsstätten oder die Seniorenfeste in den Stadtteilen zurückgreifen. Auch die Stadtbibliothek in Schiefbahn bietet einen Raum für Treffen an.
Wer bei der „Willicher Zeitboerse“ mitmachen möchte, wird gut geschult und begleitet, betont Haeser: Die Seniorenstelle organisiert regelmäßig Basis-Workshops, in denen die Ehrenamtler auf die Besuche vorbereitet werden und zum Beispiel lernen, wie sie einerseits ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen, sich aber andererseits abgrenzen können, wenn es notwendig ist. Außerdem werden Kommunikation und Gesprächsführung geübt und rechtliche Rahmenbedingungen vermittelt.
Zusätzlich sind regelmäßige Treffen zum Austausch untereinander und mit den Projektverantwortlichen vorgesehen sowie Erste Hilfe-Schulungen. Die Kosten für die Schulungen, die Beantragung eines polizeilichen Führungszeugnisses sowie gegebenenfalls Aufwandsentschädigungen trägt die Stadt über ein Förderprojekt des Kreises, so die zuständige Beigeordnete Brigitte Schwerdtfeger. Da das Land NRW die Beschäftigung mit dem Thema Einsamkeit forciert, erwartet sie weitere Gelder. Schon jetzt hat Philipp Haeser etwa zehn Ehrenamtler im „Besucher-Pool“, darunter Menschen mit Migrationshintergrund (Iran, Syrien), die sich in Willich einbringen und Deutsch lernen möchten.
Auf organisatorischer Ebene sind in Willich bereits zwei Workshops gelaufen. Dabei wurde auch das Thema „Einsamkeit bei Jugendlichen“ beleuchtet, so Brigitte Schwerdtfeger. Als erstes Angebot hat im März ein Rock-Konzert beim SC08 Schiefbahn für etwa 90 Kinder und Jugendliche stattgefunden. „Ich bin stolz darauf, dass das Team innerhalb relativ kurzer Zeit schon so konkrete Angebote machen kann“, sagt Schwerdtfeger. Die Verwaltung will das Projekt der „Zeitboerse“ weiter bekannt machen – über Info-Stände auf den Wochenmärkten, Newsletter, Plakate oder Flyer. Schwerdtfeger appelliert auch an die Vereine, einsame Menschen zu melden, um Kontakte herzustellen.