Sommergespräch mit der FDP Tönisvorst „Wir brauchen Machbares statt Luftnummern“

Tönisvorst · Die Liberalen wollen die Finanzen und die Folgen des Klimawandels mehr in den Fokus rücken.

Die Gemeinschaftsgrundschule Corneliusstraße erhält einen Anbau, der weit teurer wird, als ursprünglich geplant.

Foto: Norbert Prümen

(msc) Mit zwei Sitzen ist die Fraktion der FDP die kleinste im Tönisvorster Stadtrat. Doch im Sommergespräch zeigen sich der Parteivorsitzende Marcus Thienenkamp und Fraktionschef Torsten Frick – naturgemäß – zuversichtlich, dass sich das bei der Kommunalwahl 2025 ändern wird. „Ich bin überzeugt, dass die Menschen Leute brauchen, die eine realistische Politik machen. Und das passiert in Tönisvorst leider nicht. Es wird höher gesprungen, als man kann – und das sieht der Bürger“, sagt Frick.

Beispiel Haushalt: „Wir müssen die Finanzen stärker in den Vordergrund rücken, sie gehen uns zu lax von der Hand. So war es beispielsweise ein Fehler, das Controllingsystem in der Verwaltung abzuschaffen“, sagt Frick. Im kürzlich vom Rat beschlossenen Arbeitskreis Finanzen solle die Verwaltung der Politik nun vier Themen vorstellen, bei denen nennenswerte Einsparungen zu erwarten seien. 

„Und wenn sich die Politik nicht einigen kann, dann müssen die nächsten vier Themen her“, sagt Marcus Thienenkamp. Dabei müsse mehr herauskommen als die Frage, ob der Bauhof Geranien am Rathaus gießt oder nicht. „Wir müssen über die großen Kostenfresser wie Schwimmbad und Stadtbibliothek reden“, so Frick weiter. „Die Politik hat Angst, den Status quo nach unten hin zu ändern. Der erste Schritt ist es jetzt, den Status quo zu analysieren.“

Die auch gegen die Stimmen der FDP beschlossene Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes um 20 Prozentpunkte auf 485 Prozent bringe die Stadt nicht langfristig weiter. Zumal die Stadt auf der anderen Seite 120 000 Euro aus dem „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ nicht genutzt habe. „In der Verwaltung ist viel Sand im Getriebe“, findet Frick.

Beispiel Schulen: Ums Thema Geld geht es auch bei den Schulen. So fehle ihm die Fantasie, wie die Stadt das 140-Millionen-Euro-Projekt der beiden weiterführenden Schulen an den Standorten Corneliusfeld und am Wasserturm (wo auch ein neues Verwaltungsgebäude entstehen soll) angesichts der Lage an den Finanzmärkten und der Baukostensteigerungen stemmen will, sagt Frick. Der nun begonnene Anbau an die Gemeinschaftsgrundschule Corneliusstraße, dessen Kosten sich seit Beginn der Planungen auf 6,3 Millionen Euro mehr als verdoppelt haben, sei ein Beispiel für die Kostenexplosion, das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht, ist Frick überzeugt.

„Die Grundschulen platzen aus allen Nähten, der Rechtsanspruch auf OGS-Plätze steht bevor. Wir sollten uns nicht nur in eine Richtung verausgaben“, sagt Frick mit Blick auf die weiterführenden Schulen. Zumal es dafür nun eine Reihe von kostspieligen Gutachten brauche, die es nicht gebraucht hätte, wenn man beide weiterführenden Schulen am Standort Corneliusfeld realisiert hätte. Und: Für die Bebauung des Ackers am Wasserturm muss die Bezirksregierung den Regionalplan ändern, die Stadt muss dafür die Alternativlosigkeit dieses Standorts begründen. „Falls das nicht gelingt, haben wir keinen Plan B oder Plan C“, sagt Frick. Plan B oder C könne beispielsweise sein, das in absehbarer Zeit zum großen Teil leerstehende Krankenhaus-Gebäude als Verwaltungsstandort zu nutzen. „Die Lage wäre dafür ideal“, so Thienenkamp. Das Schulprojekt binde Kapazitäten in der Verwaltung, noch immer sei nicht klar, wie es mit der Feuerwache in Vorst weitergeht, der Brandschutzbedarfsplan sei noch immer nicht fertig, bemängelt Thienenkamp.

Beispiel Klima: Gegen den Klimawandel zu kämpfen, sei gut und richtig. „Vieles ist aber schon nicht mehr zu verhindern, daher müssen wir uns hier vor Ort stärker mit den Folgen des Klimawandels beschäftigen“, fordert Marcus Thienenkamp. „Wo sind die Hitzeschutzräume für die ältere Bevölkerung? Was ist bisher im Abwasserbetrieb gegen die Folgen von Starkregenereignissen getan worden?“ Statt konkret etwas zu tun, werde medienwirksam der Klimanotstand ausgerufen, und es werde Bündnissen beigetreten. „Es gibt in der Politik zu viele Show-Anträge, die nicht an schneller Machbarkeit orientiert sind“, sagt Frick. Die CDU beispielsweise fordere, die Stadt Tönisvorst solle eine Modellregion für Fotovoltaikanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen werden. „Dabei sollten wir doch lieber erst mal Dächer mit PV-Anlagen versehen oder Abwassersammelbecken für die Fotovoltaik nutzen“, so Thienenkamp

Beispiel Gewerbeflächen: Auch hier müsse man sich auf das Machbare konzentrieren, beispielsweise dafür sorgen, dass der Status „Wasserschutzzone III A“ im Gewerbegebiet Tempelshof geändert wird, um die Flächen „vernünftig nutzen zu können. Auch wenn das ein langer Prozess ist, weil man mit vielen Landesbehörden sprechen muss“, sagt Thienenkamp.

Auch im brach liegenden Gebiet „Cray Valley“ an der Mühlenstraße tue sich nichts. „Stattdessen gibt es eine Luftnummer der SPD, die gefordert hat, am Landmarkt Pegels ein Gebiet für Handwerksfirmen und Gewerbe zu schaffen“, sagt Thienenkamp. Es sei vorher absehbar gewesen, dass es dafür an dieser Stelle keine Genehmigung geben würde.