Tierschützerin aus St. Tönis 50 Legehennen vor dem Schlachthaus gerettet

St. Tönis · Die St. Töniserin Susan Mortazavi ist Tierschützerin aus Leidenschaft. Jetzt holte sie mit weiteren Helfern und dank finanzieller Unterstützung Tiere aus einem Legehennenbetrieb. Was die Ehrenamtlerin antreibt.

Susan Mortazavi hat einigen der geretteten Tiere selbst ein neues Zuhause geboten. Andere Hühner und zwei Hähne kamen anderswo unter und sind ebenfalls wohlauf.

Foto: Marc Schütz

(msc) Im großzügigen, eingezäunten Gelände auf dem Pferdehof nahe St. Tönis ist viel los: Ein Huhn im Gartenhaus gackert lautstark, weil es gerade ein Ei gelegt hat, während etliche andere Hühner draußen das Gegacker erwidern, nach Futter picken und mit den Füßen scharren. Wer genau hinschaut, sieht allerdings, dass es den Tieren bis vor Kurzem nicht so gut ging, einige Tiere haben ordentlich Federn gelassen. Und wenn die St. Töniserin Susan Mortazavi nicht eine spontane Rettungsaktion gestartet hätte, lägen die Tiere jetzt womöglich schon als Suppenhühner in der Tiefkühltruhe.

Susan Mortazavi ist seit fast 20 Jahren ehrenamtliche Tierschützerin, wie sie erzählt, hat von der Meise bis zur Kuh und zum Pferd schon etlichen Tieren das Leben gerettet – Haustiere, Nutztiere und Wildtiere waren dabei, auf eine bestimmte Art beschränkt sie sich nicht. „Ob süßes Schlappohrkaninchen oder gerupftes Huhn – jedes Tier hat eine Chance verdient“, sagt Mortazavi – und nimmt kurz einen Anruf entgegen, weil ein Eichhörnchen Hilfe braucht. Kürzlich nun erfuhr sie, dass ein Legehennenbetrieb im Kreis Viersen 50 Tiere „übrig“ hatte. Deren Weg hätte normalerweise ins Schlachthaus geführt, doch Susan Mortazavi startete einen Aufruf und bat einerseits um Geldspenden, um für die Tiere eine „Schutzgebühr“ bezahlen zu können, andererseits suchte sie Leute, die bereit waren, Hühnern ein neues Zuhause zu geben. Alles musste schnell gehen, nur wenige Tage blieben.

Mortazavi selbst nahm bei ihrem ersten Besuch in dem Betrieb direkt zwölf Tiere mit – zur „Belohnung“ legten die Hühner noch in der Transportbox auf dem Weg zum Pferdestall zwei Eier. Nach dem erfolgreichen Aufruf holte sie mit einigen Helfern die übrigen Tiere ab. 47 Hühner und drei Hähne haben ein neues Heim gefunden. „Es ist toll, dass ich immer Unterstützung finde, wenn ich welche brauche. Ohne Hilfe ginge das alles gar nicht“, sagt die Tierretterin, die sich über die Jahre ein großes Netzwerk aufgebaut hat und unter anderem mit der Wildtierhilfe „Fell und Federn“ zusammenarbeitet. Wegen der großzügigen Unterstützung, die sie immer wieder erfahre, sei sie nicht nur eine Tierfreundin, sondern auch eine Menschenfreundin – und will den Betrieb, aus dem sie die Tiere rettete, auch gar nicht nennen, um einen Shitstorm im Internet zu vermeiden. „Man sollte seine Energie lieber in etwas Sinnvolles investieren und das Positive sehen“, sagt die Tierschützerin.

Bei den jetzt geretteten Hühnern handelt es sich um sogenannte Hybriden, die einzig und allein dafür gezüchtet wurden, Eier zu legen. „Und wenn sie ihre tägliche Legeleistung nicht mehr erbringen, werden sie aussortiert“, erklärt Susan Mortazavi. Die seien „nix besonderes mehr“, hätten die ehemaligen Besitzer der Tiere gesagt. „Unsere Antwort: Sie sind sogar sehr besonders – zumindest für uns. Jedes einzelne Tier“, sagt Mortazavi.

Die geretteten Hühner
sind ungefähr ein Jahr alt

Etwa ein Jahr alt sind die geretteten Tiere, es komme aber auch vor, dass schon sechs oder sieben Monate alte Hühner in der Legeleistung nachlassen und dann geschlachtet werden. Acht bis zehn Jahre alt könne so ein Huhn schon werden, oft habe sie es aber schon erlebt, dass gerettete Tiere nicht lange durchhielten. Den nun geretteten Hühnern gehe es aber schon recht gut. „Wir haben sie ganz ruhig abgeholt, und als sie in ihrem neuen Zuhause angekommen waren, sind sie aus den Transportboxen gekommen, haben sich kurz geschüttelt – und alles schien vergessen zu sein“, sagt Mortazavi.

Ihre Tierliebe ist Susan Mortazavi anzumerken. Doch manchmal muss sie auch hart sein. „Wenn ich Tiere aus Betrieben hole, muss ich mich nach dem Schlachtpreis richten und darf nicht mehr bieten, sonst würde ich das System unterstützen. Dann muss man Tiere auch zurücklassen, auch wenn das natürlich sehr frustrierend ist“, sagt Mortazavi. Die 50 Tiere jetzt hatten allerdings Glück – die Besitzer waren sehr entgegenkommend. Abzusehen ist allerdings schon jetzt, dass in dem Betrieb in ein paar Monaten wieder Hühner „übrig“ sein werden. „Womöglich werde ich dann wieder einen Aufruf starten“, sagt die Tierretterin.