Tönisvorst SPD: Wer fordert als Kandidat Bürgermeister Goßen heraus?

Tönisvorst · Bürgermeister-Wahlkampf in Tönisvorst: Fünf Namen stehen für eine mögliche Kandidatur. Wer macht’s? Die WZ wagt eine Prognose.

Helge Schwarz führt den SPD-Ortsverband seit 2010.

Foto: Ira Ingenpaß

Die Christdemokraten in Tönisvorst haben ihr Team für die Kommunalwahl bereits auf dem Zettel. Thomas Goßen ist als Bürgermeister-Kandidat bestätigt. Er strebt mit spürbarem 84-Prozent-Rückenwind aus der eigenen Partei eine dritte Legislaturperiode an. Die Kandidaten für die Stadtratswahl, die der Vorstand um Parteichef Dirk Louy vorgeschlagen hat, müssen noch in einer weiteren Mitgliederversammlung bestätigt werden.

Wird wieder ein CDU-Mann Bürgermeister in Tönisvorst? Jurist Thomas Goßen zum Dritten? Sicher ist, dass die SPD einiges dagegen hat. Sie wird zur Kommunalwahl 2020 hundertprozentig einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin ins BM-Rennen schicken. Aber wer macht’s von den Genossen?

Fünf Namen kursieren rund um eine Kandidatur

Fünf Namen gehören zum Kreis derer, die man mit einer Kandidatur in Verbindung bringt: Helge Schwarz, Hans Joachim Kemser, Uwe Leuchtenberg, Heinz Michael Horst und Silke Depta.

Auf die Frage der WZ-Redaktion, ob man einen dieser Namen bereits ausschließen könne oder etwa einen vergessen habe, antwortete Parteichef Helge Schwarz am Donnerstagmorgen: „Nein.“

Am nächsten Dienstag, 3. März, kommt der SPD-Vorstand mit dem Fraktionsvorsitz und Vertretern der AG 60plus und der Jusos zusammen und berät über die Kandidatenliste für den neuen Stadtrat, den Kreistag und die Bürgermeisterkandidatur.

Die WZ wagt Prognosen zu den Absichten und Chancen der fünf möglichen Bewerber im Wettbewerb mit Goßen.

Helge Schwarz (59) ist seit 2010 Chef des SPD-Ortsvereins Tönisvorst. Er ist ein erfahrener Politiker. Schwarz ist ein SPD-Mann mit grüner Vergangenheit. 1987 trat er zunächst Bündnis 90/Die Grünen bei. Klimaschutz und Umweltthemen waren sein Einstieg ins lokalpolitische Engagement. 2004 wechselte er in die SPD, schaffte es nach Unterbrechung 2009 wieder in den Stadtrat. Er ist seit Jahren Vorsitzender des Ausschusses für Bau, Energie, Umwelt und Verkehr. Als Handwerker mit eigenem Schreinerei-Betrieb ist Schwarz vernetzt, in der Stadt präsent. Seine Partei schätzt ihn. Er bekommt Sympathiepunkte, weil er kein Lautsprecher ist. Er ist keiner, der stets die Konfrontation mit dem politischen Konkurrenten sucht, der provoziert, verbal beherzt ausficht. Ob die Bürger ihm die Energie zutrauen, eine Verwaltung zu führen? Ob es ihn überhaupt zum Bürgermeisteramt hinzieht? Letzteres eher nicht. Schwarz sucht nicht den Platz in der ersten Reihe eines Personenwahlkampfs. Parteichef und BM-Kandidat in einem – die Wahrscheinlichkeit sieht die WZ bei nur 20 Prozent.

Hans Joachim Kremser (66), stellvertretender Partei- und Vize-Fraktionsvorsitzender in Tönisvorst, war dreieinhalb Jahrzehnte lang Prokurist bei Rehse Reklame im Gewerbegebiet Tempelshof. Er ist politisch und beruflich über das Lokale hinaus aktiv, u.a. als Präsident des Verbands der Europäischen Lichtwerbung sowie Verbandsvorsitzender der Lichtwerber Deutschland. Seit 2004 ist Kremser Mitglied im Tönisvorster Stadtrat. Er besetzt vor allem Themen und Ausschüsse, die planen, bauen und sich um die verkehrliche Infrastruktur kümmern. Er ist Vorsitzender des Planungsausschusses. Seine politische Erfahrung bringt er auch in den Kreistag ein.

Vize-Partei- und -Fraktionsvorstand: Hans Joachim Kremser.

Foto: Reemen

Politisches Engagement im Ort und für den Kreis Viersen

Ob Kremser es nun seinem Willicher Parteigenossen Dietmar Winkels gleichtut und im Rentenalter ins politische Rampenlicht einer Bürgermeisterwahl tritt? Nein. Er wird weiter Spaß an seiner Lobbyarbeit für die Metropolregion Rheinland haben und seine Stadtratsarbeit fortsetzen, wenn die Wähler so entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Hans Joachim Kremser Bürgermeisterkandidat seiner Partei wird, bewertet die WZ mit unter 20 Prozent.

Nun zwei, die auch nicht nein sagen würden, wenn man sie fragte? Da ist zunächst Uwe Leuchtenberg (Jahrgang 1958) zu nennen, der Genosse mit kultivierter Bürgernähe und einem Herzschlag mehr für Vorst. Er ist seit 34 Jahren Mitglied der SPD, seit 1989 im Stadtrat, einige Jahre davon als Fraktionsvorsitzender. Von 2005 bis 2010 war er Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen. Uwe Leuchtenberg war bei den Stadtwerken Tönisvorst, später Niederrheinwerke Viersen, und ist heute bei NEW tätig. Der Kampf gegen die zwei geplanten Windräder für Vorst hat ihm Zuspruch im kleineren Stadtteil eingebracht. Vize-Bürgermeister Leuchtenberg haftet aber politisch der Beiname „Vize“ an.

Forderte Goßen zweimal heraus: Uwe Leuchtenberg.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

2009 hatte er Thomas Goßen herausgefordert. Mit 38,25 Prozent der Stimmen war er dem CDU-Mann und Albert Schwarz-Nachfolger (46,18 Prozent) unterlegen. Fünf Jahre später folgte ein noch deutlicheres Ergebnis zugunsten Goßens: Leuchtenberg erhielt 2014 37,93 Prozent der Stimmen, Goßen 53,14 Prozent. Leuchtenberg warb damals mit „Ich möchte Ihr Bürgermeister werden. Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Er wurde es nicht. Wird es ein drittes Duell Leuchtenberg gegen Goßen geben? Die WZ sieht die Wahrscheinlichkeit dafür bei unter 15 Prozent.

Wie stehen die Chancen für Dr. Heinz Michael Horst, Jahrgang 1962, seit 1987 in der sozialdemokratischen Partei und als Fraktionsvorsitzender der SPD ein Rhetoriker zwischen Feinschliff und harten Bandagen in Tönisvorst. 2019 erhielt er den Ehrenring der Stadt Tönisvorst – für 25 Jahre Stadtratsarbeit. Wird er noch einige Jahre draufsatteln? Die 60 im Blick, will er da nicht sein politisches Gewicht noch einmal testen, Neues wagen und Goßen herausfordern?

Tönisvorsts SPD-Fraktionsvorsitzender Heinz Michael Horst.

Foto: Wolfgang Kaiser

In einem Interview anlässlich der Ehrung durch die Stadt hatte Horst betont, dass er mit 70 nicht mehr Fraktionsvorsitzender sein wolle. Aber das ist noch lange hin. Der Wahlkampf reizt ihn sicher. Das Duell mit Thomas Goßen vielleicht noch mehr. Die Wahrscheinlichkeit für den Willen zur Bürgermeister-Kandidatur in der WZ-Vorschau: 70 Prozent.

Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Oder der Anfang für einen weiteren neuen Lebensabschnitt. Wer Prinz kann, kann auch Bürgermeister? Ratsfrau Silke Depta, Jahrgang 1973, ist der Wille dazu zuzutrauen. Die Mediengestalterin ist gut vernetzt in der Stadt. Politisch ist sie seit Jahren aktiv, unter anderem im Schul-, Kultur- und Sozialausschuss. Die Rolle im Tönisvorster Dreigestirn hat sie näher an die Vereine, an die Bürger, an die Tönisvorster und an Vertreter der Nachbarstädte geführt. Man hat sie einmal von einer anderen Seite, der bürgernahen, geselligen Seite kennengelernt – eine Seite, die Amtsinhaber Thomas Goßen neben der Beanspruchung der Verwaltungsführung nicht so ausfüllt, dass für andere kein Platz mehr bliebe.

Stellvertretende SPD-Parteivorsitzende: Silke Depta.

Foto: Dreigestirn

Eine Frau – ist das der personelle Gegenentwurf zum Amtsinhaber? Eine Mitvierzigerin stünde für Impulse der Verjüngung in einer Partei, die wie die CDU in der Stadt Tönisvorst ein Durchschnittsalter von rund 60 Jahren hat. Will sie Bürgermeisterin werden? Die Frage hat sie bereits während der Session gehört. Ihre Antwort blieb bisher ausweichend. Wenn die Familie von Silke Depta, die bereits die Session abgenickt hat, nun auch ja zu diesem Schritt sagt, stehen die Chancen gut, dass sie antritt. Wahrscheinlichkeit: 80 Prozent.

Die SPD-Mitglieder, aktuell sind es 142 in Tönisvorst, stimmen am 25. März ab.