St. Tönis: Von ungeliebten Seidenschals und der Kunst zu Schenken

Katia Franke liest untermalt von Fedor Volkovs Gitarrenklängen.

St. Tönis. Schönes bleibt: Katia Franke, Moderatorin bei WDR 4, kann mehr, als deutsche Schlager präsentieren. Im St. Töniser Rathaus stimmte sie jetzt mit ihrer literarischen Lesung "Weihnachtsfrieden" auf das bevorstehende Fest ein. Als "Stimmungsverstärker" hatte sie den aus Weißrussland stammenden Gitarristen Fedor Volkov mitgebracht.

In der Eifel, wo Katia Franke lebt, haben ihre Lesungen schon Tradition, jetzt ist die 45-Jährige dabei, ihren Aktionsradius auszuweiten. Bei leckerem Gebäck las die Frau, deren Stimme im Radio ein großes Publikum erreicht, unter anderem "Das attraktive Seifenschälchen" von Rita Fehling - eine Warnung an alle, die unliebsame Geschenke weiter verschenken wollen!

Immer wieder griff Fedor Volkov zur Gitarre, um Weihnachtsklassiker, aber auch unbekannte Weihnachtslieder zu spielen. Katia Franke hatte bei der Auswahl ihrer Texte darauf geachtet, die ganze Bandbreite weihnachtlicher Stimmungen zu präsentieren: Da ging es nicht nur um ungeliebte Geschenke in der Überflussgesellschaft: "Lichter über’m Grab" heißt eine Weihnachtsgeschichte von Friedrich Wolf, die im Ersten Weltkrieg spielt und die auf beeindruckende Weise zeigt, dass der Zauber der Weihnacht zumindest für einen Moment auch vor den Schützengräben nicht Halt machte.

Ein bisschen verrückt: Die Geschichte "Monolog eines Kellners" von Heinrich Böll: Da wurde ein erfahrener Kellner ausgerechnet am heiligen Abend gekündigt.

Sein "Vergehen": Er hatte ein kleines Loch in den Parkettboden des Hotels gebohrt, um einem Jungen das Murmelspiel zu ermöglichen - ein flammender Appell für mehr Menschlichkeit und Spontaneität im Alltag.

"Schenken ist eine Kunst": Dieser Text stammt nicht von einem Nobelpreisträger, sondern von Katia Franke: Nylonstrumpfhosen im Fünferpack - wahrlich kein attraktives Geschenk - wenn da nicht der 20-Mark-Schein gewesen wäre, den die unglücklich Beschenkte nicht gesehen hatte, als sie die Strümpfe weiterreichte.

Seitdem sieht sie sich mit Sicherheit auch Weihnachtsgeschenke, die ihr nicht gefallen, besonders genau an. "A christmas piece": Die Mischung aus deutscher und englischer Sprache machten dieses Gedicht zu einem Schmunzler.

Katia Franke berührte die Besucher der literarischen Lesung mit Musik, indem sie den öffentlich ausgetragenen Gedankenaustrausch einer Achtjährigen mit dem Chefredakteur der "Sun" vortrug: Ob es den Weihnachtsmann gebe? Der Zeitungsmann bejahte dies im Jahre 1897: "Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar."

Die Besucher blieben nicht unhörbar, als Katia Franke bei "O Tannenbaum" zum Mitsingen aufforderte. Anschließend gab es lobende Worte: "Wunderbar, das hat besser geklappt als in der Eifel."