Tönisvorst Stromtrasse: Viele Bürger bleiben skeptisch

Der Netzbetreiber Amprion informierte in St. Tönis und in St. Hubert über die geplante Erdkabelleitung. Etwa 100 Menschen kamen jeweils. Sie wollen schnellstmöglich den genauen Verlauf der Trasse wissen.

St. Tönis/St. Hubert. Es sei nichts festgezurrt. Es folge noch das Planfeststellungsverfahren und schließlich fehle die Zustimmung der Bundesnetzagentur. So war es von Mitarbeitern des Netzbetreibers Amprion mehrmals zu hören, als es jetzt in St. Hubert und St. Tönis zu zwei sogenannten Bürger-Infomärkten kam. Jeweils 100 interessierte Bürger informierten sich. Und viele Grundstückseigentümer und Pächter blieben skeptisch.

Foto: Wolfgang Kaiser

„Ich möchte wissen, wo exakt die neue Stromtrasse verläuft“ — mit diesen Erwartungen war ein 65-jähriger St. Töniser in den Festsaal „Majestät“ gekommen. Neben ihm stand der 79-jährige Rudolf Ihme, sein Kommentar: „Ich hätte eine Moderation für alle Besucher besser gefunden, anstatt die vielen kleinen Gruppen hier, die sich mit den Amprion-Mitarbeitern unterhalten.“

Wie schon bei ähnlichen vorherigen Info-Veranstaltungen erklärten auch in St. Tönis etwa ein Dutzend Amprion-Mitarbeiter die Vorgehensweise des Stromnetzbetreibers, zeigten Modelle mit verschiedenen Ausbauschnitten, informierten über den „bodenschonenden Ausbau“ und zeigten an einigen Monitoren unter anderem den derzeitigen Vorzugskorridor für den etwa 300 Kilometer langen Streifen zwischen Emden an der Nordsee und dem Konverter in Osterath. Erläutert und hinterfragt wurde das Ganze dann in persönlichen Gesprächen an den Stehtischen oder an den großen Plankarten.

Martin Dahmen, Landwirt

Konkret ist die von Amprion bevorzugte Trasse noch nicht festgelegt. Denn der Korridor ist von Kempen, St. Hubert, Tönisvorst und Willich kommend und bis zum Osterather Konverter führend etwa einen Kilometer breit. Er ist in diesen Grenzen noch variabel.

„Bestimmt gibt es deshalb diesen 1000 Meter breiten Korridor, weil es sicherlich viele Proteste der Eigentümer und Pächter geben wird und man dann flexibel sein muss“, spekulierte eine 60-jährige St. Töniserin. Fest steht derzeit nur, dass für die Verlegung des Erdkabels die Eigentümer oder Pächter ein Areal in einer Breite von 24 Metern abgeben müssen. Zumindest in der Bauzeit muss auch mit weiteren Beeinträchtigen gerechnet werden.

„Ich bin direkt betroffen. Und zufrieden bin ich mit der Planung überhaupt nicht“, sagte Landwirt Martin Dahmen, der in Kehn infrage kommende Eigentums- und Pachtflächen hat. Dahmen erinnerte an die beabsichtigte neue Erdgas-Pipeline von Zeelink und meinte: „Warum werden die Felder dann zweimal aufgerissen, kann man das nicht besser koordinieren?“

Sowohl Martin Dahmen als auch der Vorsitzende der Willicher Ortsbauernschaft, Peter Friesen, wiesen auch auf die Entschädigung der Eigentümer und Pächter hin, sprachen in dem Zusammenhang erneut von „Peanuts“ — im Vergleich zu den Gewinnen, die der Betreiber macht.

„Soweit ist es noch lange nicht“, beschwichtigte Amprion-Projektsprecher Jonas Knoop. Erst wenn die Trasse von der Bundesnetzagentur genehmigt werde, trete man bezüglich der Entschädigung an die Eigentümer und Pächter heran. Man orientiere sich dann generell an den aktuellen Bodenrichtwerten und nach einer Rahmenvereinbarung, die noch mit den landwirtschaftlichen Verbänden geschlossen werden müsste. Dennoch war das Wort „Enteignung“ bei der Info-Veranstaltung in St. Tönis einige Male von Besuchern zu hören.

Die Besucher blieben skeptisch. „Wie werden das angebaute Getreide oder die Kartoffeln in unmittelbarer Nähe der neuen und heißen unterirdischen Rohre in Mitleidenschaft gezogen?“, fragten einige Landwirte. Amprion versicherte, bodenschonend vorzugehen. „Reißt bloß nicht in neuen Wohngebieten wieder die Bürgersteige oder Straßen auf“, meinten andere.

Die Amprion-Mitarbeiter betonten immer wieder, dass man derzeit in einem sehr frühen Stadium sei. Allerdings sei der noch abzustimmende Trassenkorridor für das nachfolgende Planfeststellungsverfahren die verbindliche Vorgabe.