Tönisvorst: Statt Gewinn gibt es eine Rechnung

Abzocke: Ein dubiose Firma versucht Kunden an eine teure Hotline zu locken. Angeblich haben sie ein Auto gewonnen.

Tönisvorst. "Sie haben gewonnen. Herzlichen Glückwunsch Herr Schneider." Nikolaus Schneider (Name geändert) aus St. Tönis freute sich einige Zehntelsekunden lang, als ihm am Telefon eröffnet wurde, er habe ein Mercedes Cabrio gewonnen. Oder 45000 Euro in bar. Er brauche jetzt nur noch flugs folgende Telefonnummer für Callcenter anzuwählen: 0900-...

Das Perfide an der Geschichte: "Es war zwar eine Bandansage, aber ich wurde mit Namen angesprochen", sagt der Rentner. Und gerade als er darüber nachdachte, dass er an keinem Gewinnspiel teilgenommen hatte, erklärte ihm die Stimme vom Band, er sei aus dem Telefonbuch ausgesucht worden.

Was für viele Menschen plausibel klingt, war für Schneider der Anlass, laut loszulachen und den Hörer aufzulegen. "Wir stehen seit Jahren nicht mehr im Telefonbuch. Ich bin zwar 73 Jahre alt, aber bestimmt noch nicht senil." Was den Mann umtreibt: "Das soll auf keinen Fall anderen Leuten passieren. Vor dieser Masche muss man doch warnen. Vielleicht sind ja gerade hier im Bereich noch viel mehr Menschen angerufen worden."

Darüber liegen bei der Polizei noch keine Erkenntnisse vor. Trotzdem kennt man bei der Behörde die Masche. "Man sollte keine kostenpflichten Nummern anrufen und generell äußerst vorsichtig sein", empfiehlt Antje Heymanns, Pressesprecherin der Kreispolizei. "Es kommt kein Gewinn, sondern eine horrende Telefonrechnung", rät sie. Was fraglos richtig ist. Die Nummer, die Nikolaus Schneider so dringend anrufen sollte, kostet 2,99 Euro - die Minute versteht sich.

Gesetzmäßig verhält sich der Anbieter dieses Dienstes - es handelt sich um die Firma Retail-Media-Vision UG aus Stuttgart - nicht. Beim Anruf ist weder ihre Nummer zu sehen noch wird gesagt, wie teuer die angebliche Callcenter-Nummer ist.

Bei der Bundesnetzagentur, diese ist zuständig für die Vergabe dieser Telefonnummern, ist Retail-Media bekannt. Mit einer ähnlichen Masche war die Firma vergangene Woche aufgeflogen und am Donnerstag (1. April) wurde die Nummer, die die "Gewinner" anrufen sollten, gesperrt. "Gefahr in Verzug", hatten die Experten von der Netzagentur argumentiert und auf eine Anhörung von Firmen-Vertretern verzichtet. "Wenn wir Beschwerden bekommen, schauen wir nach, ob von einem Unternehmen noch weitere Nummern gelistet sind", sagt René Henn von der Bundesnetzagentur.

Die Westdeutsche Zeitung hat den fraglichen Anruf auch formell an die Bundesnetzagentur weitergeleitet.