Viel Chrom und Pomade
Beim Oldtimertreffen im Stahlwerk Becker gab es Luxuskarossen und mehr.
Willich. Donald Trump wäre sicher hochzufrieden: Das Areal rund um das Stahlwerk Becker war am Maifeiertag fest in der Hand der Amerikaner. Zahlreiche Autos aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten waren dort zu sehen. Und zwar überwiegend Oldtimer. Die Resonanz war im Gegensatz zum vorigen Jahr erfreulich groß. Es ist offenbar herrlich unvernünftig, in Zeiten von Klimawandel, steigenden Spritpreisen, Parkplatzmangel und Abgas-Diskussionen Karossen von bis zu sechs Metern Länge, mit jeder Menge Chrom und Verbräuchen um die 20 Liter zu bewundern.
Wer auf die Walzwerkstraße einbiegen wollte, wurde von der „Highway Patrol“ reingewunken: Markus Hagen aus Hattingen mimte in authentischem Outfit den Officer, der Achtzylinder des Dodge Diplomat Polizeiwagens von 1986 blubberte im Leerlauf zufrieden vor sich hin — niemand wäre auf die Idee gekommen, den „Officer“ aufzufordern, den Motor abzustellen, denn dieses Geräusch klingt wie Musik in den Ohren der Fans.
Und davon waren reichlich da. Sie bewunderten Luxuskarossen im Stil der 1930er Jahre wie den seltenen Auburn in Knallrot mit cremefarbener Volllederausstattung. Vor der imposanten Front mit viel Chrom gingen die Männer auf die Knie, um Fotos zu machen. Zwischen die Chevrolets, Pontiacs, GMCs und Buicks hatte sich ein Opel Commodore aus den 1970er Jahren in Goldmetallic gemogelt, unter den vielen alten Ami-Schlitten standen etliche neuere Modelle, vor allem Ford Mustangs.
Der drei Jahre alte blaue Ford Mustang von Bert Lehmann aus Bergheim mit 52 000 Kilometern auf dem Tacho und einem Fünfliter-Motor, der den riesigen Motorraum voll ausfüllt, wurde ebenso wie seine Ahnen bewundert. Der stolze Besitzer benutzt das imposante Gefährt im Alltag — ein „Daily Driver“ mit 460 Pferdestärken. Tückische Fahreigenschaften und schlechte Ersatzteilversorgung durch Ford können die Liebe zu dem Auto nicht schmälern.
Donald Trump, der mehr US-amerikanische Autos in Deutschland verkaufen möchte, sollte aber darauf hinwirken, dass die Qualität verbessert wird. „Bei 180 km/h fängt die Haube an zu klappern“, beklagte Lehmann. Womit er sich tröstet: „Bei 210 ist mit der Klapperei Schluss.“
Die zahlreichen Besucher waren begeistert — von den Autos und vom American Way of Life, der zelebriert wurde. Das müssen Ignoranten gewesen sein: Zwei junge Männer gingen an einem neueren Chevrolet Camaro Cabrio vorbei und lästerten: „Alte Prollkarre“.
Oliver Marquardt importiert containerweise Güter aus den USA — manchmal ist auch ein Auto dabei, wie der 1973er Chrysler Newport in seltener Ausführung für 16 000 Euro. Holger Schulte aus Essen schien alle Zeit der Welt zu haben: Mit einem Chemiker hat er eine Autopflegeserie „Doc Clean Car“ entwickelt. Für einen Kunden brachte er eine Harley Davidson auf Hochglanz — von weitem sah es aus, als würde er den mächtigen Tank streicheln.
André Lichtenscheidt aus Düsseldorf sorgte für passende Frisuren zum Chevy oder Cadillac. Wer keine Zeit für solch eine „Sitzung“ hatte, kaufte möglicherweise einen Pomade-Stick. Pomade im Haar hatte nicht nur etwas mit Nostalgie zu tun: Bei dem starken Wind blieb die Frisur in Form.