Willich Von der Spaß-Partei zur SPD

Jan Lützler (22) brachte es in „Die Partei“ zum Generalsekretär in NRW. Nun macht er bei den Jusos in Willich eine zweite Politik-Karriere.

Foto: Reimann

Willich. Das ging schnell. Im Herbst trat Jan Lützler in die SPD ein. Seit Ende März ist der 22-Jährige Vorsitzender der Jungsozialisten (Jusos) in Willich, gewählt für zwei Jahre. Das Rezept des Aufstiegs ist so simpel wie ambitioniert. Lützler zeichnet seinen Genossen eine verlockende Zukunftsvision. Er will den sozialdemokratischen Nachwuchs als politische Stimme in der Stadt etablieren: „Bislang waren die Jusos nicht so bekannt in Willich.“ Wenn er seine Amtszeit 2019 beendet, sollen sie viele Freunde und Gegner haben — so Lützlers Wunsch.

Bis zu seinem Eintritt in die SPD hatte er mit etablierter Politik wenig am Hut. Von 2012 bis 2016 war er Mitglied der Satirepartei „Die Partei“ des Komikers Martin Sonneborn. Er brachte es bis zum Generalsekretär des Landesverbands. Wenn Lützler über diese Zeit redet, spricht er von „damals“. Die Idee, mit Satire auf politische Missstände aufmerksam zu machen, gefalle ihm auch heute noch. „Damit kann man mehr Menschen erreichen als mit puren Fakten“, sagt Lützler. Doch die Entwicklung von „Die Partei“ sei ihm missfallen. Als Sonneborn 2014 ins EU-Parlament gewählt wurde, gab es einen raschen Mitgliederzuwachs. „Viele, die eingetreten sind, haben den satirischen Gedanken nicht verstanden“, sagt Lützler: „Die kamen nur zum Saufen.“ Also zog er einen Schlussstrich, wechselte nach kurzer Pause in SPD.

Die Sozialdemokratie entspreche seinen Überzeugungen. Auch viele Aktive in „Die Partei“ seien in ihren Ansichten Genossen. Freilich nicht in der Öffentlichkeit, um die etablierten Parteien auch glaubwürdig durch den Kakao ziehen zu können.

Lützler hat bereits festgestellt, dass Politik in der SPD anders läuft als in „Die Partei“. „Damals gab es einen festen Kundenstamm. Manche fanden unsere Satire gut, andere Unsinn.“ Mit seinen Jusos müsse er sich der inhaltlichen Debatte stellen. Als Problem sieht Lützler seine Vergangenheit nicht. Um scheinbare Widersprüche schert er sich wenig — in allen Bereichen des Lebens. Als sein Kaffeekonsum 15 Tassen am Tag erreicht, wechselt er auf Tee, der Gesundheit zur Liebe. Mit dem Rauchen macht er weiter.

Politisch sieht Lützler die Vorteile seines Wechsels. Vieles, was er bei „Die Partei“ gelernt habe, könne noch nützlich sein. „Ich kann Themen einfach erklären“, sagt der junge Mann. Auch wisse er, wie es ist, aus der politischen Minderheit heraus zu agieren. Daher sei er sicher, dass sozialdemokratische Anliegen in der CDU-Hochburg Willich nicht automatisch untergehen. Und wie will er nun die Jusos ins Rampenlicht bringen? Verstärkte Präsenz in den sozialen Medien sei ein Weg. Zudem schweben Lützler Diskussionsforen vor. Zahlreiche Neueintritte bei den Jusos im Vorjahr machen ihn zuversichtlich.

Gegenüber dem SPD-Ortsverband möchte Lützler unbequem sein: „Wir werden sicher zusammenarbeiten. Dennoch sind wir Jusos unabhängig.“ Grundlage einer Zusammenarbeit ist, dass man einander kennt. Aus der Willicher SPD ist aber zu hören, dass viele gar nicht wissen, wer der neue Chef der Jusos ist. Lützler beschwichtigt. Viele Gelegenheiten für Treffen habe es seit seinem Eintritt in die Partei auch noch nicht gegeben.

Angesprochen auf Inhalte bleibt er vage. Erstmal gehe es darum, den Jusos einen Bekanntheitsgrad zu verpassen. Sein Thema sei der Kampf gegen rechte Tendenzen. „Die gibt es auch in Willich, wenn auch unorganisiert“, sagt Lützler. Hier wolle er mit Gesprächsrunden gegensteuern. Menschen, die sich aus Protest dem rechten Milieu zuwenden, könne man noch erreichen.

Lützler hat Selbstbewusstsein, ist überzeugt von seiner Sache und seiner Partei. Immer wieder äußert er Dogmen wie „In der Politik geht es um Konfrontation“. Nachfragen beirren ihn nicht. Gerne verteilt er Seitenhiebe auf die direkte politische Konkurrenz, die Junge Union (JU): „Eine CDU-Jugendorganisation, die jung und hip sein möchte, finde ich grotesk.“ Aber die JU hat doch zumindest eine gewisse Präsenz in Willich? „Bei der JU-Party im Gründerzentrum im vergangenen Herbst waren zwei Leute, die nicht der Partei angehören. Stimmt, bei denen läuft es richtig gut“, entgegnet Lützler und grinst ironisch.