Das RP-Sommergespräch FDP Willich sieht Anlass zur Steuersenkung
Willich · Der Stadt gehe es gut, Baustellen herrschen nach Ansicht der Liberalen bei Kitas, Wohnen, ÖPNV und Radwegen.
Dass FDP-Fraktionsmitglieder im Willicher Stadtrat oder in Fachausschüssen nicht immer einheitlich abstimmen, ist nicht ungewöhnlich. Und so sind auch der Willicher Parteivorsitzende Christoph Maethner und Fraktionschef Hans-Joachim Donath nicht immer einer Meinung – beispielsweise, wenn es um die Sinnhaftigkeit der Elektromobilität geht. „Aber genau deswegen bin ich in der FDP“, sagt Donath. Man müsse auch mal den Finger in die Wunde legen, wichtig sei, dass man am Ende zum Wohle der Willicher Bürger entscheide. Und das gelte – bei allen inhaltlichen Unterschieden – durchaus auch für die anderen im Stadtrat vertretenen Fraktionen.
„Wir haben das Glück, dass alle letztendlich im Blick haben, dass es der Stadt Willich gutgeht. Das war in der Finanzkrise so, und das war beim Thema Flüchtlinge so“, sagt Donath – aber: „Ich habe Zweifel, dass das weiter möglich ist.“ Denn seit der Kommunalwahl 2014 hat sich einiges getan: Die AfD hat angekündigt, auch in Willich einen Ortsverband zu gründen (wenngleich das bereits einmal gescheitert ist), aus der SPD-Fraktion sind drei Mitglieder ausgetreten und haben „Für Willich“ gegründet, und CDU und Grüne haben eine Zusammenarbeit beschlossen. Und: Im Gegensatz zu 2014, als nur Amtsinhaber Josef Heyes von der CDU und Hans-Joachim Donath von der FDP sich um das Amt des Bürgermeisters bewarben, haben jetzt auch SPD und Grüne angekündigt, eigene Kandidaten aufzustellen. Ob Donath, der damals immerhin knapp 33 Prozent der Wähler überzeugte, nochmal antreten wird, lässt der 63-Jährige offen. Anfang des nächsten Jahres werde entschieden. Man habe in den Reihen der Willicher FDP mehrere Kandidaten, die qualifiziert seien.
Die FDP verweigerte sich dem überparteilichen Arbeitskreis
Gefragt nach drei Themen, die kurz- und mittelfristig in Willich eine entscheidende Rolle spielen werden, unterscheiden sich die Liberalen nicht wesentlich von ihren Mitbewerbern: Kita-Beiträge, Verkehr/Umwelt und Finanzen stehen bei der FDP ganz oben auf der Agenda. Während CDU und Grüne derzeit in einem Arbeitskreis (in dem SPD, FDP und „Für Willich“ nicht mitarbeiten wollen) über die Gebühren und die Qualität der Kitas, Tagespflegen und Offenen Ganztagsgrundschulen (OGS) diskutieren, haben die Liberalen einen eigenen Arbeitskreis ins Leben gerufen, „in dem wir auch mit Elternvertretern sprechen“, so Donath: „Frühkindliche Bildung ist Teil des gesamten Bildungswesens, und es ist nicht richtig, dass Hochschulen und Schulen kostenfrei sind, Kitas et cetera aber nicht.“ Die Gebühren in Willich nun im „Hauruck-Verfahren“ abzuschaffen, gehe aber nicht. Es müsse abgewogen werden zwischen finanziellen Belastungen der Kitas und der Stadt sowie der Qualität.
So bedauern die Liberalen, dass es in Willich an den OGS nachmittags zwar „eine hervorragende Betreuung, aber keine pädagogisch-didaktische“ gibt. „Hier sollten wir Qualitätsstandards setzen, und das kostet Geld. Eine komplette Beitragsfreiheit und einen höheren Standard gleichzeitig können wir uns derzeit nicht leisten“, so Donath. Wenn Eltern entlastet würden, dann müssten dies allerdings zuerst die Geringverdiener sein, sind sich Donath und Maethner einig.
Die Liberalen stören sich an
der Zahl an Haushaltsanträgen
Eine Entlastung aller Willicher Bürger würden die Liberalen allerdings gern bei den Steuern sehen: Nach drastischen Einsparungen und Steuererhöhungen (Gewerbe-, Grund- und Hundesteuer) in Folge der Finanzkrise habe man in den vergangenen Jahren zwar vieles an Einschnitten wieder zurückgedreht, „aber die Erhöhung der Steuersätze haben wir nicht zurückgenommen“, sagt Donath. „Die Politik steht dem Bürger gegenüber im Wort. Wann sonst sollten wir die Steuern senken, wenn nicht jetzt, da es uns gutgeht?“, fragt Maethner. Nach wie vor dringend zurückfahren müsse man darüber hinaus aber die Verschuldung der Stadt – weswegen die Liberalen kein Verständnis für die Flut von Haushaltsanträgen der anderen Fraktionen in den vergangenen Jahren haben. „Dabei geht es gar nicht mal um die großen Projekte, sondern um die vielen Kleinigkeiten. Diese Gießkannen-Wohltaten tragen wir nicht mit“, sagt Donath.
Seit Jahren fordern die Willicher Liberalen ein Umdenken, was die Verkehrspolitik betrifft. Ob es um Probleme in Neersen oder in Schiefbahn geht: „Man muss erst die Verkehrssituation klären und dann bauen – und nicht umgekehrt“, sagt Christoph Maethner.
Und so sei es auch nicht überraschend, dass nun viele Wekelner die Wirtschafts- und Anliegerstraßen rund um Klein-Kempen und Am Klapptor in und aus Richtung Niederheide illegal, aber von der Stadt geduldet nutzen, so Donath. Das nächste Problem drohe bereits in Willich durch die Erweiterung der Klimaschutzsiedlung und das kleine Neubaugebiet „Villa Langels“, die zu noch mehr Verkehr auf der Bahnstraße führten.
Den Verkehr zu lenken ist das eine, Alternativen schaffen das andere. Und so setzen die Willicher Liberalen auf einen Ausbau der Radwege (Donath: „Da hinken wir weit hinterher.“) und des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Auf die seit Jahrzehnten diskutierte Verlängerung der Regiobahn S 28 von Kaarst über Schiefbahn und Neersen bis Viersen als „Allheilmittel“ solle man nicht mehr bauen. „Die wird so schnell nicht kommen“, sagt Donath. Daher müsse an anderen Stellen der ÖPNV „massiv ausgebaut werden – auch mit finanzieller Unterstützung der Stadt“, sagt Donath, der in einer guten Verkehrsanbindung auch einen Standortfaktor für die Stadt sieht: „Wohnen und Leben, ÖPNV und Glasfaser sind die Themen der Zukunft.“