Lärmbelästigung in Schiefbahn Brummton bringt Ehepaar zum Verzweifeln

Schiefbahn · Lärmbelästigung ist eine massive Einschränkung und kann auch die Gesundheit schädigen. Das Ehepaar Püllen aus Schiefbahn leidet seit einem halben Jahr unter tieffrequentem Brummen. Woher es kommt, wissen sie nicht.

Nach Lächeln ist Heinz Püllen nicht zumute. Der tieffrequente Brummton macht das Wohn- und das Schlafzimmer für ihn zur Folterkammer.

Foto: Sven Schalljo

Kaum eine Beeinträchtigung ist für den Menschen so belastend wie Lärm. Während speziell im Schlaf die Augen geschlossen sind und auch beispielsweise der Geruchssinn ausgeschaltet ist, ist das Gehör auch im Schlaf immer aktiv. Dauerhafter Lärm führt zu Stress und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – und auch andere stressbedingte Schäden sind die Folge. Kurzfristig sind Menschen, deren Schlaf gestört wird, reizbar und unausgeglichen.

Das alles erfährt seit Ende 2023 das Schiefbahner Ehepaar Püllen. Vor allem Heinz Püllen ist mit den Nerven am Ende. „Ende des vergangenen Jahres fing es an. Ein dauerndes Brummen, vor allem nachts und in der Mittagszeit. Ich kann kaum schlafen. Unsere Nachbarn hatten damals einiges am Haus gebaut, und ich war sicher, dass es von dort kommt, und habe sie mehrfach nachts aus dem Bett geholt. Aber geändert hat es nichts“, erzählt der 85 Jahre alte Senior. Geglaubt wurde ihm zunächst kaum, denn andere Menschen hörten nichts.

„Ich habe dann das Umweltamt des Kreises kontaktiert, hier hieß es aber, man habe keine Termine. Erst, als ich bei der Landesregierung das grüne Telefon angerufen habe und dann von dort an das Umweltamt geleitet wurde, änderte sich das“, erzählt der Rentner, der 40 Jahre bei der Verseidag gearbeitet hat. Ein Mitarbeiter des Umweltamtes kam vorbei, nahm Messungen vor und fertigte ein Protokoll an. Das Ergebnis: Speziell im Infraschallbereich von 10 und 15 Hertz lag der höchste gemessene Pegel bei 74 Dezibel. Das entspricht dem Lärm an einer stark befahrenen Straße.

Da es sich allerdings um Infraschall handelt, nehmen viele Menschen die Töne gar nicht wahr. Einige Personen hingegen hören diese Frequenzbereiche sehr gut. Da der tieffrequente Schall auch sehr weit tragen kann, ist die Quelle nur schwer zu finden. Laut Heinz Püllen war der Tag der Messung auch nicht unbedingt einer der lautesten. Gerade in den vergangenen Tagen hätten Dauer und Lautstärke gleichermaßen zugenommen, klagt der Senior.

Der Experte des Kreises kommt in seiner Auswertung zum Ergebnis: „Der Betreiber einer Anlage ist laut §1 (1) i.V.m. §3 (3) des Landesimmissionsschutzgesetzes NRW [...] verpflichtet, schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern oder auf ein Mindestmaß zu beschränken, sofern dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Da somit eine gesetzliche Grundlage für das behördliche Einschreiten nach §§ 13, 14 (3) und 15 des LImSchG NRW seitens der zuständigen Ordnungsbehörde der Stadt Willich gegeben ist, sollte diese nach Vorlage des hier erstellten Messberichts [...] weitere Untersuchungen ergreifen.“

Püllen, dessen Ehefrau Helga ebenfalls unter dem Lärm leidet, wenn auch nicht so stark wie ihr Mann, wandte sich damit voller Optimismus ans Ordnungsamt. „Da hat man mir dann die Nummer des Streitschlichters gegeben und sonst gar nichts unternommen. Ich fühle mich allein gelassen“, klagt der Schiefbahner.

Ursprünglich wurde Heizung als Problemquelle vermutet

Das Problem: Der Gutachter hatte vermutet, es könne von der Heizungsanlage des Nachbarn kommen. Diese allerdings begutachtete der Bezirksschornsteinfeger und bescheinigte ordnungsgemäßen Betrieb. „Jetzt ist der Lärm aber eher noch stärker. Bei diesen Temperaturen hat ja aber niemand dauerhaft die Heizung an. Eine Klimaanlage hingegen wäre im Winter nicht gelaufen. Ich brauche dringend Hilfe, um zunächst einmal die Quelle festzustellen“, sagt Püllen.

Arndt Legr, der zuständige Mitarbeiter des Ordnungsamts, zeigt sich zumindest bedingt einsichtig. „Für uns war nach dem Prüfbericht klar, dass es sich um einen Nachbarschaftsstreit handelt, und wir sahen uns im ersten Schritt nicht zuständig, sondern haben an den Streitschlichter verwiesen. Dass es jetzt immer noch, sogar verstärkt, auftritt, ist eine neue Information für uns. Das macht in der Tat eine Heizungsanlage als Emissionsquelle eher unwahrscheinlich“, sagt er und verspricht, sich der Sache noch einmal anzunehmen. „Wir werden uns den Fall jetzt noch einmal vornehmen und sehen, was wir tun können. Ich kann allerdings nichts versprechen, denn solche Fälle sind komplex“, sagt er weiter.

Das Problem: Infraschall ist für die meisten Menschen unhörbar. Auch dafür hörige Menschen nehmen ihn eher unterbewusst wahr. Anders als bei normalem Schall ist es unmöglich, die Richtung und damit die Quelle genau zu bestimmen. So ist die Suche nach der Quelle sehr komplex und aufwendig. Dass das Geräusch überdies nicht immer auftritt, erschwert die Maßnahme bei den Püllens noch zusätzlich. Speziell in der Nacht ist die Belastung nach Aussage der Eheleute besonders hoch. Dann aber arbeiten die meisten Gutachter nicht. Es ist also durchaus komplex, den Püllens zu helfen.

Die Beziehung zu den Nachbarn, die die Eheleute weiter als Ursache des Geräuschs vermuten, habe gelitten. „Wir hatten eigentlich ein sehr gutes Verhältnis. Das ist mittlerweile leider sehr abgekühlt“, erzählt Ehefrau Helga. Beide wünschen sich einfach nur, wieder friedlich schlafen zu können.