Das Gebiet um den Eignerbach ist heute ein Naturschutzgebiet und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten Kalkabbau im Takt mit der Natur

Wülfrath · . Das Areal um den Eignerbach, Ur-Wülfrathern noch als Schlammteich bekannt, hat sich in den vergangenen 20 Jahren zum wahren Kleinod für Naturliebhaber entwickelt. Das rund 120 Hektar große Gelände sah aber nicht immer so grün aus.

Lisa Gödde von der Abteilung Umweltschutz und Genehmigungen, Klaus Adolphy von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Mettmann, Thomas Kordges vom Unternehmen Ökoplan aus Hattingen und Lhoist-Werksleiter Carlos Ripoll (von links) sind vom Ergebnis der Renaturierungsmaßnahme begeistert.

Foto: Tanja Bamme

1941 startete das heutige Unternehmen Lhoist Germany Rheinkalk mit der Entnahme von Sedimenten auf der Fläche, die heute als Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten dient. Dafür wurde ein Großteil des Gebietes geflutet, Sedimentstücke ausgewaschen und Frischwasser wieder abgeführt. „Wir wussten aber schon damals, was aus dem Gebiet nach der Sedimentabnahme geschehen wird“, erklärt Carlos Ripoll, Leiter des Lhoist-Werks Flandersbach, anlässlich einer Pressekonferenz, die am Aussichtspunkt der ehemaligen Talsperre initiiert wurde.

In enger Zusammenarbeit mit dem Kreis Mettmann sowie dem Unternehmen Ökoplan aus Hattingen wurde der Abtragungsort renaturalisiert, die Feuchtbereiche mit Abbaumaterial aus dem Kalkwerk künstlich befestigt und somit Weideland für mittlerweile zwölf Auerochsen, ein Tapan und acht Schafe geschaffen. „Umweltschutz und Kalksteinabbau schließen sich nicht aus“, ist sich Lisa Gödde von der Abteilung Umweltschutz und Genehmigung des Lhoist Werks Flandersbach sicher. Seit einem Jahr ist sie Mitarbeiterin des Unternehmens und bezeichnet das Gebiet entlang des Eignerbachs als „wahres Paradebeispiel“.

Eine Aussage, die Thomas Kordges von Ökoplan nur bestätigen kann. Als das Gebiet um die Jahrtausendwende nicht mehr für die Sedimententnahme zur Verfügung stand, musste ein Konzept für eine naturnahe Nachnutzung entwickelt werden. „Die Ansprüche an dieses Gebiet waren vielfältig. Es gab sogar Überlegungen, an dieser Stelle einen Segelflugplatz zu errichten“, erinnert sich Kordges. Trotz kontroverser Diskussionen wurde dieser Gedanke verworfen, eine offene Kulturlandschaft fand Platz auf der Fläche, welche von einem rund acht Kilometer langen Rundwanderweg eingefasst ist. „Dieser Wanderweg wird gerne von Spaziergängern, Joggern und Hundebesitzern genutzt“, weiß der Fachmann aus Hattingen, der bereits von weiteren Wegen spricht. „Das Naturschutzgebiet soll künftig mit Querungen bestückt werden, sodass die Öffentlichkeit auch einen geschützten Weg durch diesen Bereich in Anspruch nehmen kann.“

Auch Amphibien haben sich den Raum zurückerobert

Von diesen Wegen lassen sich künftig auch die zahlreichen Tier- und Pflanzenarten besser bewundern. Allein zwischen 130 und 140 Vogelarten hat das Unternehmen Ökoplan mit Unterstützung externer Helfer dokumentieren können. „Viele Arten gehören zu den Zugvögeln und sind nicht dauerhaft vor Ort. Spannender sind die Vogelarten, die sich den Bereich als neuen Lebensraum erschlossen haben“, weiß Kordges, der beispielsweise die Schnatterente aufführt. „Ein Tier, das auf der roten Liste steht und vom Aussterben bedroht ist“, ergänzt der Biologe, der rund 20 dieser Tierarten in Wülfrath zählen konnte.

Auch Amphibien haben sich den Raum zurückerobert, darunter die seltene Geburtshelferkröte. „Wir haben auf dem gesamten Areal rund 30 Feuchtgebiete, die als Lebensraum für Amphibien bestens geeignet sind“, weiß Kordges, der auch rund 35 Libellenarten dokumentieren konnte. Die schätzungsweise artenreichste Population im gesamten Kreisgebiet. „Auch sieben Orchideenarten wachen hier. Das war schon eine große Überraschung, dass von manchen Arten bis zu 1000 Exemplare vorhanden sind.“ Für Thomas Kordges und sein Team ist die Begleitung des Projektes in Wülfrath ganz besonders spannend. „Wir betreuen sehr selten eine solche Maßnahme über eine so lange Zeit. Es ist wirklich großartig, wie sich die Natur in so kurzer Zeit verändert hat.“