Der Rechtsstreit um zwei Dachaufbauten für Aufzüge an der Ecke Kö/Adersstraße ist glücklich beigelegt. Nun zeigt sich im Innern der Fahrstühle eine Sensation. Manuel Franke, ein Meister in der Kunst am Bau, hat sie wie eine Fahrt durch Algen, Sedimentgestein, japanische Inseln und himmlische Sphären gestaltet. Mit Glas und keramischen Glasuren.
Der Akademie-Meisterschüler ist ein vielseitiger Künstler. Bevor er 1985 Bildhauerei bei Tony Cragg und Irmin Kamp studierte, arbeitete Franke einige Monate bei einem Stuckateur und lernte, Stuckleisten und Stuckgesims selbst herzustellen, anstatt sie im Bauhaus zu kaufen. Er warf feuchten Gips auf Wand oder Decke und fuhr mit einem „Schlitten“, einer Art Blechschablone, durch das ganze Zimmer, sodass das überschüssige Material abfiel und die schön geformte Hohlkehle blieb. Anschließend ging er zu einem Schreiner. „Das Handwerk habe ich mir mit einem gewissen Wissensdrang angeeignet, ohne zu wissen, wofür“, sagt Franke. 1990 fiel er durch barocke Säulen aus Stuckmarmor, Jute und Wachs im Kunstmuseum auf.
Als er 1991 eine Einladung nach Bayreuth erhielt, um den barocken Sonnentempel zu bespielen, fragte er sich, was er in einem historischen Bau an moderner Kunst machen sollte. Da passierte ihm ein kleines Missgeschick: „Ich war als Stipendiat in Paris, hatte ein Glas Wasser auf dem Tisch und stieß dagegen. Das Glas mit dem Wasser fiel in einen offenen Sack Gips und versaute mir den schönen Gips, den ich mir auf dem Fahrrad besorgt hatte. Am nächsten Morgen war ein hart gewordenen Brocken abgebunden, und ich konnte meinen Augen nicht trauen. Der Gips hatte genau dieselbe Textur wie der Tuffstein an der Fassade des Tempels.“ Manuel Franke wusste seitdem, dass er als Künstler nicht irgendetwas schnitzen oder malen musste, sondern nur eine jeweilige Methode für einen bestimmten Auftrag oder Wettbewerb finden musste.
Vom Entwurf im Atelier
zur ersten Glasur
Bei der Wehrhahn-Linie war es normales Glas, das er sich maschinell mit einer grünen Glasur beschichten ließ, bevor er von jeder der unzähligen Scheiben durch Schieben, Kratzen, Rakeln und partielles Auflösen der Farbfläche mit Wasser die Farbe teilweise entfernte. Dann wurden die Glasplatten einzeln gebrannt und mit grauvioletten, hinteren Glasplatten verbunden und montiert. Das Ergebnis ist so brillant, dass er im Städel-Museum gefeiert wurde und sich mit fabrikneuen, zweifarbigen Wellblechen revanchierte, die wie eine große sich brechende Welle im Städel-Garten trudelten. Seine Objekte im XXL-Format entstehen in einschlägigen Produktionsstätten, nicht im Atelier.
Den Bauherrn an der Kö 104, Wolfgang Stork, bekam er über einen gemeinsamen Freund empfohlen. Der Radiologe, ein Technologieführer mit mehreren Röntgeninstituten, ist seit zehn Jahren im Ruhestand und behandelt seine Immobilie an der Kö seitdem wie ein Schmuckstück. Aber er nimmt sich als Sohn eines Architekten Zeit. Es dauerte drei Jahre, bis Auftraggeber und Künstler miteinander eine gemeinsame Linie entwickelten. Dann aber ließ er ihm völlig freie Hand. Und Manuel Franke lobt sein sehr gutes künstlerisches Denken.
Die Technik für die Kunst in den Fahrstühlen ist dieselbe wie jene, die er für die U-Bahn-Station am Graf-Adolf-Platz nutzte, nur ist der Platz in den Schächten eng, die Höhe von jeweils 30 Metern immens und die Arbeit mit drei Glasscheiben für die keramische Glasur kompliziert. Die Schachtfarben gehen vom tiefdunklen Violett über Türkis zu Grün, Rosa, Orange und langsam zum Gelb. Der Künstler machte in seinem Atelier in der Lierenfelder Straße die Entwürfe in Pastellkreide auf Papier, und ein Fachmann der Glasmalerei Peters in Paderborn trug die erste Glasur ganz vorsichtig mit der Spritzpistole auf, wechselte die Spritzpistole und nahm die nächste Farbe.
Dann begann für den Künstler auf der frischen Farbe das Rakeln, Schaben, Wischen und Hantieren mit Spachtel, Druckluft, Lösungsmitteln, den Händen und den eigens für die Arbeit gebauten Instrumenten. Dazu gehörten auch vier aneinandergekoppelte Schaber, mit denen er Drusen oder sedimentäre Ablagerungen suggerierte. Manchmal erinnert die Zeichnung an chinesische oder japanische Inseln. Dann wieder fährt eine Linie in großem Schwung in die Höhe oder erinnert an eine Kurve im Rhein.
Alle drei Scheiben haben ihre „Glascoverschweißfarbe“ auf der Rückseite, wobei die zweite das Echo der ersten Scheibe in leichtem, transparentem, monochromem Grau bildet. Die dritte Schicht ist den Farbverläufen gewidmet. Durch Addition der Gläser und durch Subtraktion der Glasurfarben entsteht diesmal ein Farbspiel, welches sich beim Hinaufgleiten überraschend und kontinuierlich verändert.
Wir durften an diesen organisch, rhythmisch und wellenförmig wirkenden Bildern einer Allover-Malerei vorbei in 30 Meter Höhe fahren. Wann die Allgemeinheit das darf, steht noch nicht fest.