100 Jahre unter einem Dach
Das Bethaus feiert Geburtstag und hat zu einem großen Fest eingeladen. Das Gebäude ist Anlaufpunkt für die ganze Gemeinde.
Mönchengladbach. Es ist 20 Minuten vor 12 Uhr, und die braune Eule sitzt auf einem Ast. Die Augen streng geradeaus auf das Treiben vor dem blass-roten Backsteinbau gerichtet. Die Menschen plaudern, auf dem Grill liegen Bratwürste, die Sonne scheint.
Den Nachtvogel stört das anscheinend nicht, sein Blick bleibt unverändert. Darüber wundern sich die überwiegend älteren Menschen im Garten hinter dem Bethaus aber nicht. Die Eule ist aus Holz und hat wohl schon vor einiger Zeit ihren Platz auf dem Ast eingenommen. „Das Tier hat ein Gemeindemitglied für uns gebastelt“, berichtet Pastor Olaf Nöller.
Der Geistliche betreut das Bethaus in Pongs, das als evangelisches Gemeindehaus im Rheydter Westen genutzt wird. Jetzt feierte die Gemeinde mit Gottesdienst und Grill-Party das inzwischen traditionelle Bethaus-Fest. Zu dem lädt der Bethaus-Verein seit 1991 alle zwei Jahre ein.
Der gemeinnützige Verein hat das rechteckige Gebäude an der Pongser Straße von der evangelischen Kirche gemietet und bringt das Geld für die laufenden Kosten selbst auf. „Wir finanzieren uns durch Spenden und Mitgliedsbeiträge“, sagt Vereinsvorsitzender Manfred Romich. Rund 8.000 bis 9.000 Euro müsse man jedes Jahr für den Unterhalt aufbringen. Die evangelische Kirche wollte das Bethaus eigentlich 1980 schließen, doch dann übernahm der 1931 gegründete Verein das Gemeindezentrum, das im Oktober sein 100-jähriges Bestehen feiert.
Heute noch wird das Bethaus regelmäßig genutzt: Chorproben, Seniorenfrühstück und der Frauenkreis gehören dazu, aber auch der als Sonntagsschule bezeichnete Kindergottesdienst, der jeden Sonntag in den weiß gestrichenen Räumen des Gebäudes gefeiert wird.
Fast schon zum Inventar des Bethauses gehört Herta Thiem. Die pensionierte Lehrerin unterrichtete 40 Jahre lang die Kinder und Jugendlichen der Sonntagsschule. „Während meiner Kindheit war ich dort selbst Schulkind, von meinem 20. Lebensjahr an bis zu meinem 60. habe ich dort gelehrt“, sagt die 86-Jährige. Nur während des 2. Weltkrieges habe sie keine Möglichkeit gehabt, das Bethaus zu besuchen. Was dort unterrichtet wird, erklärt sie spontan mit drei Worten: „Das Wort Gottes“.