103 Raubüberfälle im ersten Quartal

Die Zahl der Raubstraftaten hat im Vergleich zum Vorjahr in Gladbach deutlich zugenommen.

Den Tag wird Familie H. wohl nicht so schnell vergessen: Vor einer Woche klingelte es am Nachmittag an der Haustür. Arglos öffnete die Mutter. Sie dachte, Freunde ihres Sohnes kämen zu Besuch. Doch stattdessen sah sie sich zwei fremden Männern gegenüber — einer groß und blond, der andere dunkelhäutig und maskiert. Das Erschreckendste: Er trug ein 35 Zentimeter langes Fleischermesser bei sich. In Sekundenschnelle packte ein Täter die Frau im Nacken, hielt ihr mit der anderen Hand den Mund zu und stieß sie zu Boden. Der andere maskierte und bewaffnete Mann lief ins Haus.

103 Raubüberfälle im ersten Quartal
Foto: Polizei

„Einer rief: Wo ist der Tresor? Wo ist der Tresor? Dabei haben wir gar keinen Tresor“, berichtet der Familienvater, der zu diesem Zeitpunkt bei der Arbeit war und erst später von dem Überfall erfahren sollte. Der Maskierte sei dann ins Zimmer der Tochter gelaufen. Neben dem Messer hatte er noch eine Softairpistole dabei. „Er wollte das Handy meiner Tochter sehen und fragte, ob sie die Polizei angerufen habe“, berichtet der Vater. Das hatte sie zwar nicht, aber die Täter schienen das nicht zu glauben. Sie flüchteten.

Familie H. steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, dennoch will die Frau die von der Polizei angebotene psychologische Hilfe annehmen. „Wir haben uns bis jetzt in unserem Haus immer supersicher gefühlt. Wir haben ja auch keine Villa mit einem Cabrio vor der Tür, sondern ein ganz normales Reihenhäuschen“, sagt ihr Mann. Jetzt sehe man das ganz anders. „Das war schon bedrohlich.“

Der Raubüberfall in dem Reihenhaus an der Wilhelm-Elfes-Straße am 1. April ist einer von vielen. Alleine 103 Raubstraftaten wurden im ersten Quartal des Jahres bei der Polizei gemeldet. Im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres waren es 80. Alleine in der Nacht zu gestern wurden zwei Spielhallen und ein Wettbüro überfallen. Möglicherweise waren unter den Tätern auch die beiden Männer, die die Familie am 1. April ausrauben wollten. Die Beschreibung passt auf jeden Fall. Am Ostermontag, gegen 23.30 Uhr, tauchten die Männer im Spielcasino an der Erzbergerstraße auf. Mit einer Schusswaffe und einem Messer bedrohten sie die 42-jährige Spielhallenaufsicht und forderten sie und die anwesenden Kunden auf, Bargeld herauszugeben. Nachdem sie sich die Einnahmen gegriffen hatten, flüchteten sie zu Fuß. Die Personenbeschreibung der Männer: Der blonde Mann (er trug in der Spielhalle die Pistole bei sich) ist 1,70 bis 1,75 Meter groß, schlank und 20 bis 25 Jahre alt. Er hat eine helle Hautfarbe und trug eine dunkle Kapuzenjacke sowie eine graue Jogginghose. Der dunkelhäutige Mann mit dem Messer ist im gleichen Alter, 1,75 bis 180 Meter groß und schlank. Er hat kurze dunkle, lockige Haare und trug eine schwarze Hose, eine schwarze Daunenjacke mit weißen Reißverschlüssen, einen dunkelblauen Schlauchschal, dunkle Sneakers mit weißen Kappen an den Schuhspitzen. Familie H. erinnert sich daran, dass beide perfektes Deutsch sprachen.

Ebenfalls in der Ostermontagnacht, nur 20 Minuten früher, also gegen 23.10 Uhr, betraten zwei Männer ein Wettbüro an der Stresemannstraße in Rheydt. Sie bedrohten den anwesenden Angestellten mit Schusswaffen und forderten Geld. Als der sich weigerte, schlug ihm einer der Täter mit der Waffe auf den Kopf. Der 22-Jährige wurde dadurch leicht verletzt. Trotzdem setzte er seine Gegenwehr fort. Die beiden dunkelhäutigen, dunkel bekleideten Männer gaben daraufhin auf und flüchteten zu Fuß in Richtung Marienplatz.

Am gleichen Tag gegen 21.15 Uhr gab es einen weiteren versuchten Raubüberfall auf eine Spielhalle an der Aachener Straße. Ein maskierter Mann bedrohte die anwesende Kassenaufsicht mit einer Schusswaffe und forderte sie in gebrochenem Deutsch auf, das vorhandene Bargeld in eine mitgebrachte Plastiktüte zu packen. So bedroht, flüchtete die 47-Jährige in einen Nebenraum. Der Maskierte verließ daraufhin die Spielhalle ohne Beute und flüchtete zu Fuß. Ein Zeuge verfolgte den Räuber bis in den Geropark, wo er ihn schließlich aus den Augen verlor. Der Täter ist etwa 1,80 bis 1,85 Meter groß und schlank, er war dunkel bekleidet und mit einer schwarzen Sturmhaube maskiert.

Warum sich die Raubüberfälle zurzeit in Mönchengladbach häufen, darüber kann nur spekuliert werden. Allgemein verzeichne man eine zunehmende Gewaltbereitschaft, sagt Polizeisprecher Jürgen Lützen. Möglicherweise ließen auch Serientäter die Zahlen hochschnellen. Man prüfe genau, ob es bei den Raubüberfällen Übereinstimmungen gebe.