Anwalt fordert vom neuen OB die Rücknahme des Bauvorbescheids
Jurist spricht von „übereilten Handlungen und „schweren Versäumnissen“.
Mönchengladbach. Die Düsseldorfer Anwälte der Holter Gemeinschaft „Handel und Handwerk e.V.“ haben den neuen Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners (CDU) aufgefordert, die Baugenehmigung für den geplanten „Kaufland“ im Bereich Aachener-/Monschauer Straße/Bahnstraße (Holt) zurückzunehmen. Tue er das nicht, „drohten schwere städtebauliche Missstände“, schreibt Anwalt Johannes Grooterhorst an Reiners — und listet bei diesem „übereilt betriebenen Verfahren“ zahlreiche Verstöße seitens der Genehmigungsbehörde Stadtverwaltung auf.
Grooterhorst stellt aus seiner Sicht fest, das Ganze sei „rechtswidrig“, und die Stadt habe eine „Pflicht zur Rücknahme“ des Bauvorbescheids vom 18. Juni, über den die WZ berichtet hat. Gleichzeitig kündigt der Jurist im Namen seiner Mandanten Klage an.
Der Ton unter den Beteiligten wird zunehmend schärfer, nachdem der nicht wiedergewählte OB Norbert Bude (SPD) kurz vor seinem Abgang aus der Stadtverwaltung Mitarbeiter der städtischen Bauverwaltung ultimativ aufgefordert haben soll, die Baugenehmigung für das SB-Warenhaus Kaufland an den Investor, die Baufirma Jessen der CDU-Brüder Bücker, zu erteilen. Mitarbeiter der Stadtverwaltung berichteten später, Uli Bücker sei höchstpersönlich erschienen und habe sich das Papierchen abgeholt.
Jessen will für seinen Auftraggeber Kaufland „so schnell wie möglich“ auf dem früheren Praktiker-Areal neu bauen — einen Supermarkt für Lebensmittel, „Waren aller Art“, frei verkäufliche Arzneien usw. auf einer Verkaufsfläche von 4990 Quadratmetern, plus 260 Stellplätzen. Der Millionen-Bau soll fast 65 Meter lang und nahezu elf Meter hoch sein. Das Verkehrsaufkommen soll sich durch das Einkaufszentrum um das Vierfache erhöhen — in einem Bereich, der ohnehin verkehrlich stark belastet ist.
Statt auf die „Kaufland“-Bauanfrage mit einem ordentlichen Bebauungsplan-Verfahren (B- Plan) zu reagieren, gaben Bude & Co. trotz schwerer Bedenken nicht nur im Stadtverwaltungsvorstand den Bückers eine raschere „Baugenehmigung ohne Bebauungsplan“. Gutachter der Bückers, von Kaufland und der Stadt räumten massive Vorbehalte seitens der Kritiker in Sachen Verkehr, Lärm und Abgase und vor allem Einzelhandels-Pleiten infolge Kaufland vom Tisch. Der von der Stadt bestellte Gutachter kam sogar zu der Erkenntnis, Kaufland habe „überhaupt keine schädlichen Auswirkungen“.
Die für die Holter — sie haben bereits fast 1000 Unterschriften gegen „Kaufland“ gesammelt — arbeitenden Anwälte sprechen dagegen von schweren Versäumnissen und „übereilten Handlungen“ in der Stadtverwaltung, als Bude noch das Sagen hatte. Die angenommen Werte (Lärm, Feinstaub, Verkehrsaufkommen usw.) seien nicht nachvollziehbar bis unrealistisch. Anwalt Grooterhorst bittet Reiners daher, den Bauvorbescheid an Jessen/Bücker zurückzunehmen.
Und: eine Überplanung des alten Praktiker sowie eine Veränderungssperre für das Holter Gebiet. Brisant: für den ebenfalls insolventen Baumarkt Praktiker an der Odenkirchener Straße (Mülfort) beschloss der Stadtrat ein B-Plan-Verfahren mit einer Veränderungssperre. Für Praktiker Holt taten das CDU und SPD auf Drängen Budes sowie führender CDU-Politiker jedoch nicht.
Interessant dürfte die Antwort der Düsseldorfer Bezirksregierung auf die Kaufland-Vorgänge sein. Die Bündnis-Grünen haben sie eingeschaltet. Doch ein Brief aus Düsseldorf blieb wochenlang unbeantwortet. Er soll in Budes Arbeitszimmer gelegen haben.
Die Grünen fordern einen Bebauungsplan für das Holter Areal. Hierbei können die Bürger mitreden, außerdem werden so wichtige Fragen wie Verkehrs-, Lärm- und Schadstoff-Belastungen geprüft und Beschränkungen festgeschrieben. Mehr noch: Selbst das Waren-Angebot würde bei diesem zugegeben längeren Genehmigungsverfahren festgelegt. Die Grünen: „Es kann nicht sein, dass Kaufland cityrelevante Ware anbietet, die den Innenstädten und dem Holter Einzelhandel schadet.“