Busfahrer von Fahrgast geschlagen

Das Opfer startete daraufhin selbst eine Suche nach dem Täter bei Facebook — offenbar mit Erfolg. Rechtlich ist das Vorgehen fragwürdig.

Der Fall soll sich am Donnerstag gegen 11.30 Uhr zugetragen haben, und Zeugen schildern das Geschehene wie folgt: Ein junger Mann will am Bismarckplatz in einen Bus steigen. Weil er keinen gültigen Fahrausweis dabei hat und auch nicht bezahlen will, weist ihn der Fahrer aus dem Bus. Daraufhin soll der Mann den Fahrer beleidigt haben. Als dieser die 110 wählt, schlägt der junge Mann zweimal auf den Fahrer ein.

Die Polizei bestätigte gestern, dass es eine Anzeige wegen Körperverletzung gibt, und auch die Verletzung des Busfahrers. Mehr Details will sie nicht preisgeben. Es werde noch ermittelt, hieß es gestern.

Dabei glaubt eine große Facebook-Gemeinde, der Fall sei längst geklärt. Der Busfahrer selbst hatte bereits Donnerstagabend verkündet, der Täter sei identifiziert. Über Facebook hatte er einen privaten Fahndungsaufruf nach dem Verdächtigen gestartet und dazu zwei Fotos des mutmaßlichen Täters veröffentlicht. Dieser Post war innerhalb weniger Stunden 10 000-fach geteilt worden, auch von Gladbacher Lokalprominenz. Das Ergebnis: Wenig später veröffentlichte der Busfahrer einen Screenshot vom Profil des mutmaßlichen Schlägers auf seiner Facebookseite.

Die Reaktion auf die private Fahndungsaktion: Zuerst gab es viele Genesungswünsche für den Busfahrer, aber auch Beleidigungen und Anfeindungen in Richtung des mutmaßlichen Schlägers, darunter sogar Aufrufe zur Selbstjustiz. Anschließend wurden Forderungen nach einer gerechten Strafe für den mutmaßlichen Täter gepostet.

Doch auch wenn die private Suche nach dem Täter über das Internet mutmaßlich Erfolg hatte, ist sie rechtlich äußerst fraglich. Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke ist sich sicher, dass eine Privatfahndung mit Foto bei Facebook gegen das Recht am eigenen Bild verstoße und daher nicht zulässig sei. „Das Kunsturheberrechtsgesetz schützt das Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“, sagt Solmecke. Private Fahndungsaufrufe könnten unter Umständen sogar strafbar sein, so der Experte: „Auch wenn es Personen oftmals mit ihren Fahndungsaufrufen gut meinen, so haben die Betroffenen selbstverständlich Persönlichkeitsrechte.“

Im Innenministerium sieht man das ähnlich. „Wir raten dringend davon ab, sich selber auf die Suche nach Tätern zu machen. Dafür gibt es Profis. Und das sind Polizisten“, sagt Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums. Wer privat nach einem Täter fahnde, setze sich möglicherweise selbst ins Unrecht. „Was ist zum Beispiel, wenn die gezeigten Bilder vom mutmaßlichen Täter jemandem ähnlich sehen?“, gibt Beus zu Bedenken. Er rät, alle möglichen Beweismittel nach einer Straftat der Polizei zu übergeben. Die Polizei darf Bilder von Verdächtigen zur Fahndung veröffentlichen — allerdings auch nur in bestimmten Fällen und nur mit richterlichem Beschluss.

Im Gesetz steht, die Veröffentlichung komme bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung in Betracht. Tötungsdelikte, Vergewaltigungen und Raubüberfälle mit großen Beutesummen sind Beispiele für solche Straftaten. „Delikte wie Raub oder Diebstahl genießen in der Regel nicht die höchste Priorität“, sagt Solmecke.

Ob nun auch der Busfahrer als eigentliches Opfer mit einer Strafe zu rechnen hat oder sogar all diejenigen, die seinen Fahndungsaufruf geteilt hatten, war gestern noch nicht zu erfahren. Der Fahrer hat mittlerweile alle seine Posts zu diesem Fall gelöscht. Die Facebookseite des Verdächtigen ist komplett verschwunden.

Welche Negativ-Folgen private Fahndungen haben können, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2012. In Emden wurde damals dazu aufgerufen, einen 17-Jährigen zu lynchen, den die Polizei zunächst verdächtigt hatte, ein elfjähriges Mädchen vergewaltigt und getötet zu haben. Am Ende stellte sich heraus, dass der Junge unschuldig war.

Positiv verlief dagegen die Facebook-Fahndung nach vier Ponys, die bei Frechen gestohlen worden waren. Die Tiere wurden in Gladbach gefunden.