Der Weiße Ring: Hilfe auf dem Weg zurück in ein „normales“ Leben
Der Weiße Ring unterstützt Opfer von Gewalt und Verbrechen dabei, die Taten aufzuarbeiten.
Mönchengladbach. „Wenn die Opfer irgendwann wieder lachen können, hast du einen guten Job gemacht“, sagt Werner Bredies. Der 53-jährige berichtete am Freitag anlässlich des „Tages der Kriminalitätsopfer“ über seine Arbeit. Bredies gehört zum Kommissariat Prävention der Gladbacher Polizei und arbeitet dort als Opferschutzbeauftragter. Er ist aber auch ehrenamtlicher Leiter der Außenstelle des Weißen Rings, der Kriminalitätsopfern hilft.
40 bis 80 offiziell registrierte Fälle bearbeiten er und seine vier ehrenamtlichen Mitstreiter jährlich. Das entspricht in etwa dem bundesweiten Durchschnitt beim Weißen Ring. Hinzu kommen rund 250 Telefonate mit Betroffenen, die nicht „aktenkundig“ werden.
In den meisten Fällen gilt Bredies’ Hilfe den Opfern von häuslicher Gewalt. „Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus sind 95 Prozent Frauen“, sagt er. Manche trauen sich erst nach fünf, zehn oder 20 Jahren, Hilfe anzunehmen. „Die Opfer betreiben Prävention. Sie melden sich nicht bei uns, weil sie den Kindern trotz Gewalt ihren Vater erhalten wollen“, so die Erfahrung von Bredies.
Wenn sie sich ihm dann doch anvertrauen, stellt sich die Frage, ob sie die Kraft haben, das durchzustehen. Denn häufig verlängert sich der Leidensweg, weil die Opfer alles mehrfach durchleben müssen: Sie müssen ihrem Anwalt, dem Richter und ihrem Therapeuten ihre schrecklichen Erlebnisse noch einmal schildern. Und häufig ist alles vergeblich, weil die Frauen trotzdem zu ihrem gewalttätigen Ehemann zurückkehren. „Das zieht einen dann schon ein bisschen runter“, sagt Bredies.
„Typische“ Opfer gibt es nach seiner Erfahrung nicht. Betroffene nehmen Gewalt unterschiedlich wahr. Für manche ist eine Ohrfeige weniger schlimm als eine persönliche Beschimpfung.
Kriminalitätsopfer finden sich in allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen. Bredies und seine Mitarbeiter können nicht immer persönlich helfen. Dann vermittelt der Opferschutzbeauftragte die Betroffenen — zum Beispiel in eine soziale Einrichtung, an das Jugendamt oder zu einem Therapeuten. Wenn juristischer Rat gefragt ist, stellt Bredies den Opfern einen Rechtsberatungsscheck über 150 Euro aus, mit dem sie sich Hilfe bei einem Anwalt holen können.
Finanziert wird das mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen — nicht durch öffentliche Mittel. „Wir sind dadurch frei in unseren Entscheidungen“, sagt Bredies. Wobei diese Freiheit ihre Grenzen hat, denn die Mitgliederzahlen sind in den vergangenen Jahren gesunken. Die Zahl der Hilfegesuche aber gestiegen.