Die freie Schulwahl hat Grenzen

Matthias P. wollte seine Tochter in Beckrath einschulen. Obwohl die Schulbezirke abgeschafft sind, wurde sie abgelehnt – weil sie zu weit weg wohnt.

Mönchengladbach. Der Wegfall der Schulbezirksgrenzen bedeutet für Eltern, dass sie die Grundschule für ihr Kind frei wählen können. So hat es auch Matthias P. (Name von der Redaktion geändert) verstanden. Der Wickrather hat seine Tochter nicht an der nächstgelegenen Schule angemeldet, sondern dort, wo ihre Freundinnen eingeschult werden: der Gemeinschaftsgrundschule Beckrath. Kurz darauf bekam der Vater eine Ablehnung. Der Grund: Zu viele Eltern wollten ihre Kinder auf diese Schule schicken.

Die Schulleitung entschuldigte sich und erklärte, dass die Tochter abgelehnt werden müsse, weil sie eben nicht in Beckrath wohne. "Ich verstehe, dass es dafür Kriterien geben muss, aber gerade die Bezirke sollten doch abgeschafft sein", ärgert sich der Vater.

Tatsächlich hat es mit dem Wegfall der Bezirksgrenzen an der Grundschule einen enormen Anstieg an Anmeldungen gegeben. Schulleiterin Brigitte Dziuba bestätigt auf WZ-Anfrage: "Wir haben so viele Anmeldungen gehabt, dass wir vier statt drei erste Klassen hätten bilden können. Natürlich hätten wir gerne alle Kinder aufgenommen, aber der Schulträger bleibt - wie bei allen anderen Grundschulen auch - bei der festgelegten Regelzügigkeit. In unserem Falle ist das eine Dreizügigkeit."

Der Schulträger ist in diesem Falle die Stadt. Bei ihr hätte die Grundschule Beckrath gerne eine Sondergenehmigung beantragt, um zumindest im kommenden Schuljahr ausnahmsweise einmal mehr Kinder aufnehmen zu können. In der Vergangenheit wurde diese Genehmigung mehrfach erteilt. Diesmal aber sei der Schule von vorneherein mitgeteilt worden, dass keine Ausnahmen gemacht werden.

"Mit dem Wegfall der Bezirksgrenzen hat die Stadt als Träger keine Möglichkeiten mehr, die Schülerströme zu steuern - außer durch die Zügigkeit", erklärt Schulamtsdirektorin Monika Franzen. Nur so könne sichergestellt werden, dass weniger beliebte Schulen nicht plötzlich ohne Schüler dastünden. "Wenn jede Schule expandieren könnte, hätten wir die Situation, dass manche Schulen anbauen müssten, während andere nahezu leer stünden."

Mit dem Schulentwicklungsplan, der kurz vor dem Wegfall der Bezirksgrenzen aufgestellt wurde, ist deshalb genau festgelegt worden, wie viele Züge die Schulen in Gladbachs Bezirken haben dürfen. "Wir haben errechnet, wie viele Kinder in den nächsten sechs Jahren eingeschult werden und auf der Basis festgelegt, wie groß die Schulen in den Bezirken sein müssen", erklärt Franzen. Das heißt konkret: In Gladbach hat auf Jahre hinweg keine Schule die Chance, sich zu vergrößern.

Bleibt die Frage, warum für die Ablehnung von Matthias P.s Tochter letztlich doch ihr Wohnort entscheidend war. Gibt es doch noch eine informelle Bezirksaufteilung? Die Schulamtsdirektorin nimmt die Grundschule in Schutz. "Die Schulleitung muss so entscheiden. Alle Kinder, die in unmittelbarer Nähe zur Schule wohnen, müssen angenommen werden. Somit werden automatisch die Kinder abgewiesen, die weiter weg wohnen."