Die Spielsucht machte alles kaputt

Neun Überfälle auf Spielhallen gehen auf das Konto eines 25-Jährigen.

Mönchengladbach. Von September bis Dezember 2011 sind viele Mitarbeiter von Spielhallen in Mönchengladbach und im Kreis Heinsberg mit sehr gemischten Gefühlen zur Arbeit gegangen. Neun Überfälle zwischen dem 24. September und dem 19. Dezember legt die Staatsanwaltschaft einem 25-Jährigen aus Wegberg zur Last. Dazu kommen noch weitere versuchte Überfälle, von deren Verfolgung die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die ohnehin zu erwartende Strafe bereits abgesehen hat.

In der Spielhalle „Vegas World“ zum Beispiel überfiel der junge Wegberger gleich drei Mal dieselbe Angestellte. Nach der letzten Tat in der Spielhalle „Merkur“ in Hückelhoven in der Nacht zum 19. Dezember konnten Polizeibeamte ihn in der Wohnung, in der er bei seinen Eltern in Wegberg wohnt, festnehmen. 6720,80 Euro trug er da bei sich — 4000 davon sollen allein die Beute in Hückelhoven gewesen sein. Insgesamt geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage von einer Beute von mehr als 12 000 Euro aus.

Der junge Mann sitzt zusammengesunken auf der Anklagebank. Teilweise stockt ihm die Stimme, wenn er erzählt, wie wichtig es ihm war, ein guter Sohn zu sein, Erfolg zu haben. Zunächst sei auch alles fast glatt gelaufen. Ein ordentlicher Realschulabschluss, nach einigem Suchen eine Ausbildungsstelle zum Bürokaufmann. Man war dort mit ihm zufrieden. Aber seine Leidenschaft fürs Glücksspiel ruinierte alles. Denn dass er die Spielhallen überfallen hat, um Geld zu haben, um weiterzuspielen, das räumt der 25-Jährige ein.

Drei Taten hatte er direkt nach seiner Festnahme schon der Polizei gestanden. Nach einem Rechtsgespräch zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richtern hat er sich zu einem umfassenden Geständnis entschlossen. Sein Vater, der selbst über Jahre gespielt habe, habe ihn eindringlich vor der Suchtgefahr gewarnt. Aber er habe nicht hören wollen. Sich bei der Familie und schließlich auch bei „Geldhaien“ Geld geborgt, seinen Bausparvertrag aufgelöst, den seiner Schwester ebenfalls — nur, um immer weiter spielen zu können.

Den Frust, wenn er verloren hatte, bekämpfte er mit Tabletten und Tropfen — starken Schmerzmitteln, die er bei einem Freund der Familie kennen gelernt hatte. „Der Mann war immer gut drauf, obwohl er ein schweres Schicksal trug“, erzählt er. Zuerst bettelte er ihn um die Mittel an, tauschte sie mit ihm gegen „Gras“.

Nach einem Autounfall ließ er sich die starken Medikamente selbst aufschreiben, außerdem von einem Freund aus dem Ausland besorgen. Das vorläufige psychologische Gutachten bescheinigt ihm starke Abhängigkeit und verminderte Schuldfähigkeit. Er soll therapiert werden, will das auch — am liebsten sofort.

Da der Gutachter die Therapie für langwierig hält, könnte er vielleicht nach dieser schon frei sein, ohne noch ins Gefängnis zu müssen. Gestern sagten auch die überfallenen Spielhallen-Mitarbeiter aus. Am Dienstag soll bereits das Urteil fallen.