Dreck, Gestank, Leere: Das ist der Rheydter Bahnhof
Immer mehr Geschäfte verlassen das inzwischen marode Gebäude.
Mönchengladbach. Mit vergilbtem Papier zugeklebte Fenster, vernagelte Türen, gammelige, von Regenwasser aufgequollene Spanplatten. Schmuddelige Gänge und verdreckte Bahnsteige. Der Hauptbahnhof Rheydt ist ein Schandfleck.
Es gibt keine Toiletten mehr, Kippen liegen herum, die Unterführung - abends der einzige Zugang - stinkt nach Urin. Die Beleuchtung fällt immer wieder aus, ebenso die digitalen Anzeigentafeln.
"Auch Verspätungen sind an der Tagesordnung. Und dann wird nicht über die Lautsprecher angesagt, wenn ein Zug auf einem anderen Gleis einfährt. Statt dessen geht dann das wilde Gerenne los", berichtet Studentin Vera Walter, die jeden Morgen von Rheydt nach Düsseldorf pendelt.
Hinter ihr hangelt sich mühsam eine ältere Frau am Geländer die Treppe von Gleis 8 runter. Was für ältere Menschen schon schwierig ist, ist für Gehbehinderte hier unmöglich: Wer nicht gut zu Fuß ist, hat keine Chance, am Hauptbahnhof Rheydt. Er ist nicht barrierefrei.
Die alte Dame drückt die schwere Tür mit dem milchigen, verdreckten Glasscheiben auf und verlässt das muffige Gebäude. "Schrecklich ist das. Wird immer schlimmer", sagt sie, zuckt mit den Achseln und geht Richtung Marienplatz.
Das längst leere Ladenlokal der ehemaligen, urigen Bahnhofskneipe Töff-Töff (der Wirt bekam von der Bahn zu Jahresbeginn nach 22 Jahren die Kündigung - angeblich hatte McDonalds Interesse, ließ sich jedoch nie blicken) lässt sie ebenso unbeachtet links liegen wie das mit Brettern vernagelte, ehemalige Universum-Kinocenter im Bahnhof Rheydt.
Seit der Regenflut vor gut einem Monat gleicht auch die Hauptfassade des Bahnhofs einem schmuddeligen Flickenteppich. "Da sind ganze Teile von der Wand abgebrochen. Doch statt es fachgerecht zu reparieren, haben die einfach die Wand aufgestemmt und neuen Mörtel reingeklatscht", sagt Marina Heymanns. Sie ist die Mitinhaberin des Schilder- und Stempelgeschäfts Robert Heymann, das seit 1920 existiert, den maroden Bahnhof zum Jahresende jedoch verlässt.
Der Blumenladen daneben hat nur noch am Wochenende einige Stunden auf. Leonarda Müller, Inhaberin des Blumengeschäfts, hatte sich im Haushalt schwer verletzt. Ob sie ihr Geschäft fortführen kann, ist ungewiss. Lediglich eine Bäckerei sowie ein Zeitschriften- und Buchhandel halten einsam im Rheydter Bahnhof die Einzelhandelsstellung - noch. Denn die Angestellten tuscheln hinter vorgehaltener Hand, dass die Bahn das Hauptbahnhofs-Gebäude irgendwann verkauft, dicht macht - sogar ganz abreißt.