Eltern-Probe mit dem Computer-Baby

Der Sozialdienst katholischer Frauen lässt Jugendliche das Mama- und Papa-Sein mit einem Babysimulator üben.

Mönchengladbach. Das Baby schreit vor Hunger, nörgelt, weint, weil die Windeln gewechselt werden müssen oder gluckst glücklich - fast wie im richtigen Leben.

Die Babysimulatoren des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) sind ziemlich realitätsnah: Sie sind so groß und so schwer wie echte Babys und genauso anstrengend. Jugendliche sollen mit ihnen testen, wie es ist, Mama und Papa zu sein.

Unter den knapp 560 Frauen, die im vergangenen Jahr die Beratungsstelle des SkF aufsuchten, waren 37 schwangere Minderjährige. "Vor allem Jugendliche ohne klare Lebensperspektive verbinden mit einem Baby viele Sehnsüchte und Wünsche, etwa nach emotionaler Nähe, Anerkennung oder Selbstständigkeit", sagt Birgit Richters, Leiterin des Elternpraktikum-Projekts.

"Mit dem Simulator können sie, bevor sie sich für eine Schwangerschaft entscheiden, Erfahrungen machen, die nah an der Realität sind."

Die Jugendlichen werden bei einem Praktikum auf die Rolle als Eltern vorbereitet, dann bekommen sie das computergesteuerte Baby für drei Tage und zwei Nächte. Ihr Tagesablauf gleicht dann dem echter Mütter oder Väter: Das Kind muss gefüttert und gewickelt werden, es macht "Bäuerchen" und will auf den Arm genommen werden. Natürlich schreit es auch nachts oder manchmal scheinbar grundlos.

Vernachlässigungen oder eine grobe Behandlung werden registriert. "Wir können hinterher ablesen, ob das Baby beispielsweise geschüttelt wurde", erklärt Karin Wortelkamp-Graeff und führt vor, wie durchdringend und ausdauernd das Baby schreien kann. Durch einen am Handgelenk des "Elternpraktikanten" befestigten Chip wird übrigens verhindert, dass sich andere um das Computer-Baby kümmern: Es reagiert nur auf höchstens zwei Personen.

Erfahrungen in anderen Städten oder in den USA, wo die Idee des Babysimulators entwickelt wurde, sind positiv. Die Jugendlichen lernen, dass Elternsein wesentlich anstrengender ist, als sie es sich vorgestellt hatten. "Ein Baby passt nicht unbedingt in den Zeitplan eines Teenagers", sagt Birgit Richters, "aber das Projekt soll nicht in erster Linie abschrecken. Wir wollen wertfreies Lernen anbieten."

Das Angebot des SkF richtet sich an Jugendliche der Klassenstufen acht bis zehn und lässt sich bei Projekttagen oder allgemeinen Praktika durchführen. Die Leitung haben zwei pädagogische Fachkräfte, die auch die Vor- und Nachbereitung betreuen.