Fußball-WM: Oranje mitten unter uns
Trost von den Finalisten: Niederländer hatten sich Deutsche im Finale gewünscht.
Mönchengladbach. Das Haus ist nur auf den ersten Blick eine Provokation für die frisch erstarkte deutsche Patriotenseele: Ein großes Transparent "Holland" schmückt die Front an der Pongser Straße 225.
Ein Blick in die niedrigen Fenster führt fast zum Erblinden von Passanten und lässt einen Laden für Fan-Artikel der Niederländer vermuten: Schaufenster-Puppen in Oranje, Plüschschuhe, deren Form an die der typischen Holzschuhe erinnert und vieles mehr.
Doch im Garten hängt über der orangefarbenen Fahne auch noch die der Borussen. "In der deutschen Mannschaft sind mir zu viele Bayern", begründet Sabine Pitz ihre Abneigung gegen die Deutsche Elf.
"Orange ist die schönere Farbe", begründet sie ihre Sympathie für die Nachbarn. "Und die haben die schöneren Männer." Von Arjen Robben ist sie wohl nicht sonderlich begeistert. "Der hat fast so Augen wie der Özil", rümpft sie die Nase.
Am Sonntag wird sie nach dem Spiel Holland-Spanien die Rollläden geschlossen halten. "Nicht, dass mir ein Bekloppter was kaputt macht." Sie selbst würde sich fernab aller Militanz das Spiel am liebsten mit ihrer Freundin ansehen, die Spanien-Fan ist. "Aber die muss leider arbeiten." Pitz glaubt fest an einen Sieg der Niederländer.
"Ich hätte mir ein Finale Holland gegen Deutschland gewünscht", sagt Borussen-Spieler Roel Brouwers. Für ihn als Niederländer und Spieler in der deutschen Bundesliga wäre diese Paarung "ein Traum gewesen".
VfL-Trainer Michael Frontzeck weiß zu berichten: "Unsere Holländer haben in der Kabine nicht allzu sehr gejubelt. Sie haben gesehen, wie stark die Spanier sind und dass die den besten Fußball bei diesem Turnier spielen."
Und was sagen die holländischen Fußball-Fans in Mönchengladbach? Kommt nun die Rache für "Ohne Holland fahr’n wir zur WM"? "Nein", sagt Ben Lambers empört.
Schadenfroh ist der Direktor im Dorint Parkhotel nicht, "wir wollten doch so gerne gegen Deutschland im Finale spielen." Er gehöre zur Generation, die immer noch unter dem "Syndrom von ’74" leidet.
Nach dem Sieg der Niederlande über Brasilien hätte er sein Oranje-Outfit angezogen. "Aber ich habe der Belegschaft versprochen, für Deutschland zu halten." Und das tut er auch am Samstag.
Lambers hat nach der deutschen Niederlage tröstende Worte für Mitarbeiter und Freunde finden müssen. "Ich habe einige SMS verschickt, dass die beste Mannschaft des Turniers nun raus ist."
Und er hat einen aufbauenden Hinweis: Die Deutschen sind Papst, Handball-Weltmeister, Sieger des Eurovision-Song-Contests - und bald noch Nachbar vom Fußball-Weltmeister. Seiner Meinung nach schlagen die Niederländer die Spanier am Sonntag mit 3:1.
Auch Leo Reyrink, Geschäftsführer vom Naturpark Maas-Schwalm-Nette, ist traurig: "Für uns als Naturpark wäre es schön gewesen, wenn wir uns begegnet wären." Wie das Spiel dann ausgegangen wäre, vermag er aber nicht zu sagen.
Die Rivalität zwischen den Niederlanden und Deutschland sei weniger geworden, findet er. Der gebürtige Niederländer lebt seit 20 Jahren in Gladbach und arbeitet seit acht Jahren in Mönchengladbachs Partnerstadt Roermond.
In den Niederlanden sei die Stimmung zurzeit noch eher verhalten. "Die Strategie der Mannschaft, Ruhe zu bewahren, hat sich übertragen", sagt Reyrink.