Gasexplosion: Spurensuche im Schutt

Zwei Bewohnerinnen erheben schwere Vorwürfe gegen den Gasversorger. Die Ursache des Unglücks ist noch unklar. BILDER von der UNGLÜCKSSTELLE

Mönchengladbach. Rot-weiße Absperrbänder flattern im Wind. Auf der Straße liegen Glasscherben, zerbrochene Dachziegel. Gegenüber der Pizzeria Bella Italia stehen Passanten. Sie sind fassungslos und stellen sich immer wieder dieselbe Frage: Wie konnte es zu diesem Unglück kommen, bei dem am Sonntagnachmittag im Mönchengladbacher Stadtteil Hermges ein 45-Jähriger starb, zwei Menschen schwer und 13leicht verletzt wurden?

Eine Antwort bekommen Anwohner und Betroffene nicht. Die Ermittler können noch nicht bis zur Gasversorgung im Keller des Hauses Nr.11 an der Siepensteg vordringen. Im Beisein von Beamten des Landeskriminalamtes und der Spurensicherung haben Einsatzkräfte mit dem kontrollierten Teilabriss des dreistöckigen Hauses begonnen.

Derweil erheben zwei Bewohnerinnen des Unglückshauses massive Vorwürfe. Sie wollen schon vor Wochen Gas in der Umgebung gerochen und gemeldet haben. Großversorger NVV aber weist die Behauptungen zurück. "Wir hatten keine Störungsmeldungen. Das ist für uns ein Thema mit höchster Priorität. Sobald ein Meldung bei uns eingeht, fahren Mitarbeiter raus", sagt ein Pressesprecher.

Für Karl-Heinz I. (45), der im Erdgeschoss lebte, war jede Hilfe zu spät gekommen. Seine Verlobte hatte ihn als vermisst gemeldet und den Helfern seine Handy-nummer gegeben. Das Telefon klingelte zwar, hatte sich aber nicht an der Stelle befunden, an der die Helfer den Vater mehrerer Kinder erst am Abend in den Trümmern gefunden hatten.

Während Mitarbeiter des Energieversorgers das Gasnetz am Tag nach dem Unglück auf Undichtigkeiten überprüfen und Handwerker an den Nachbarhäusern erste Reparaturen erledigen, kommen immer wieder Anwohner an den Siepensteg. Sie wollen das Notwendigste aus ihren beschädigten Häusern holen. Am Nachmittag gibt das Bauordnungsamt die unmittelbaren Nachbarhäuser und zwei weitere für die Bewohner frei, Einsturzgefahr bestehe keine. Die Gasleitung aber bleibt gesperrt. "Ob die dort wohnenden 34 Personen wieder einziehen, liegt im Ermessen der Eigentümer und Mieter", sagt ein Sprecher der Stadt.

Für eine junge Mutter kommt derzeit die Rückkehr nicht in Frage. Sie kommt mit voll gepackten Taschen aus ihrer Wohnung. "Ich werde erst einmal zu meiner Mutter ziehen. Wir haben hier kein Gas, das geht nicht mit einem zehnmonatigen Baby", sagt sie. Für vier Bewohner des Unglückshauses und drei aus der Nachbarschaft stellt die Stadt Notunterkünfte zur Verfügung.

Das Gefahrensymbol für hochentzündliche Stoffe.

Ursachen Gründe für Gasexplosionen sind häufig mangelnde Wartung, Manipulation oder Fahrlässigkeit. Lebensgefährlich wird es, wenn ein Bastler sparen will und den Gaszähler manipuliert. Aber auch Rost führt oft zu Schäden an Gasrohren. Selbst ständige Erschütterungen durch den Straßenverkehr können allmählich zu Lecks führen. Gefährlich ist es, Gasleitungen im Keller etwa als Fahrradhalter zu missbrauchen. Immer wieder gibt es zudem Meldungen, dass eine Gasleitung von einem Bagger beschädigt wurde.

Schutz Mit speziellen Rohrverbindungen oder Stopfen, die nur mit Spezialwerkzeug demontiert werden können, kann man Manipulationen an Gasanlagen verhindern. Dank des beigemischten Duftstoffs riecht Erdgas so penetrant, dass selbst kleinste Gasmengen wahrgenommen werden. Eine "Duftprobe" mit dem Warngeruch gibt es vom Gasversorger. Die Gasversorger empfehlen, wenigstens einmal im Jahr die Gasanlage und die Leitungen auf ihre Dichtigkeit hin überprüfen zu lassen.

Sofortmassnahmen Bei Gasgeruch sofort die Feuerwehr über Notruf 112 und das Gasversorgungsunternehmen verständigen - am besten mit einem Handy außerhalb des Hauses. Auf keinen Fall im Haus telefonieren oder den Hörer abnehmen. Keine Schalter, elektrische Geräte und Türklingeln betätigen. Die Türen und Fenster öffnen - nur so sinkt die Gaskonzentration im Raum.