Gladbach stark von Altersarmut betroffen
Das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit steuert dagegen.
„Was arme Rentner am meisten belastet, ist das ständige Rechnen“, sagt Wolfgang Fels, Sprecher des Bündnisses für Menschenwürde und Arbeit. „Wer mal auch nur ins Kino will, muss das Geld für die Eintrittskarten an anderer Stelle einsparen. Das tut weh.“ Armut im Alter ist so besonders belastend, weil es keinerlei Perspektive gibt, wieder aus der Armut herauszukommen. Und weil das Gefühl vorherrscht, dass die Lebensleistung, beispielsweise die Kindererziehung, in keiner Weise wertgeschätzt wird. Das Thema Altersarmut ist ein trauriges Thema — und eins, dessen Höhepunkt erst noch bevorsteht.
„Der gegenwärtigen Rentnergeneration geht es im Allgemeinen gut bis sehr gut, obwohl es natürlich auch jetzt schon Armut gibt“, stellt Fels fest. „Aber das wird sich ändern. Die Altersarmut kommt wie eine Welle auf uns zu.“ Und Mönchengladbach wird besonders betroffen sein. Denn trotz der guten Arbeitsmarktentwicklung, die sich auch auf den Gladbacher Arbeitsmarkt ausgewirkt hat, gibt es noch immer einen hohen Sockel an Langzeitarbeitslosen. Und wer heute langzeitarbeitslos ist, wird morgen keine gute Rente bekommen. Außerdem wächst der Niedriglohnsektor, und auch Geringverdiener gibt es viele in der Stadt. Heute ein geringer Verdienst bedeutet morgen eine geringe Rente — und das bei sinkendem Rentenniveau.
Ganz besonders betroffen sind immer noch und werden auch weiterhin Frauen sein, weil sie oft Teilzeit arbeiten und so wenig für die Rente einzahlen. „Wir haben vor einem Jahr angefangen, uns mit dem Thema Altersarmut zu beschäftigen“, sagt der Bündnissprecher, „weil wir das Gefühl hatten, dass das Thema in der politischen Diskussion nicht auftaucht.“
Das habe sich inzwischen erfreulicherweise geändert — das Problem wird gesehen und diskutiert. Das Bündnis war im Zusammenhang mit seiner Klagemauer-Aktion auf die vorhandene Altersarmut in Mönchengladbach und der Region aufmerksam geworden und hat sich auch im Rahmen eines Workshops mit der Frage beschäftigt. Die inzwischen formulierten Forderungen an die Politik stimmen in weiten Teilen mit dem Rentenmodell der katholischen Verbände überein, das von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung entwickelt wurde. Darin wird eine Sockelrente, die unabhängig von der individuellen Erwerbsbiografie ist, gefordert. Hinzu kommen die Pflichtversicherung und die betriebliche und private Vorsorge. „Es gab in den vergangenen Jahren einen Paradigmenwechsel“, sagt Fels. „Weg von der Lebensstandardsicherung hin zur Beitragsstabilität. Das sollte wieder rückgängig gemacht werden.“ Finanziert werden soll das Modell durch die Einbeziehung aller Einkommensarten, das heißt, auch Selbstständige oder Freiberufler sollen in den gleichen Rententopf einzahlen. Hinzu kommt der Bundeszuschuss aus Steuermitteln, der Leistungen wie Mütterrente oder Erziehungszeiten abdeckt.
Das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit will am Thema Altersarmut dranbleiben. „Wir planen eine Klagemauer-Aktion im nächsten Frühjahr, die sich ausschließlich mit Altersarmut beschäftigt“, erklärt Wolfgang Fels. „Wir müssen auch die jüngeren Leute erreichen und mobilisieren, denn die am meisten von Altersarmut Betroffenen sind heute noch gar nicht in Rente.“