Gladbachs Ehrenbürger: Die „Strickfrau von Rheydt“ gründete ihre eigene Schule
Maria Lenssen (1836 bis 1919) bildete Frauen für Handwerk, Haushalt, Handel und Lehre aus.
Mönchengladbach. Sie ist bislang die einzige Frau, der die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde: Maria Lenssen bekam die Urkunde 1913 in Rheydt übergeben — trotz „juristischer Bedenken“, eben weil sie eine Frau war.
Aber zu groß war der Einfluss, den Lenssen auf das Stadtleben hatte, und zu groß ihr Verdienst. Im gleichen Jahr war die Gründerin der „Industrie- und Fortbildungsschule für Frauen und Mädchen“ bereits vom Staat Preußen mit dem Goldenen Frauenverdienstkreuz am Bande für ihr gesellschaftspolitisches Engagement ausgezeichnet worden.
Das Leben der am 17. Juli 1836 geborenen Tochter eines Textilfabrikanten war geprägt von Einschränkungen durch ein starkes Augenleiden. Sie musste tagelang in dunklen Räumen bleiben. Vermutlich entwickelte sie dadurch ihren Sinn, Hilfebedürftigen zur Seite zu stehen.
Bei einer Reise in die Schweiz entdeckte sie die Handarbeit, was ihr den Spitznamen „Strickfrau von Rheydt“ einbrachte. Aus der Schweiz brachte sie auch das dort übliche Konzept des Handarbeitsunterrichts mit. Zunächst bot sie ihn an Schulen an. Ihre Aufmerksamkeit galt „der weiblichen Jugend aller Volksschichten“, auch denen, die weniger gut dastanden.
Nachdem sie viele Unterstützer gewinnen konnte, gründete sie 1870 die „Fortbildungsschule der weiblichen Handarbeiten“, die 1880 zur erwähnten Industrie- und Fortbildungsschule wurde. 1893 beteiligte sich eine Fachklasse an der Chicagoer Weltausstellung und kehrte prämiert zurück. Zum 80. Geburtstag wurde die „Maria-Lenssen-Stiftung“ gegründet. Die Zinsen des Kapitalstocks kamen bedürftigen Schülerinnen zugute.
Heute heißt ihre Schule Maria-Lenssen-Berufskolleg und ist nach wie vor an der Werner-Gilles-Straße beheimatet. Die Ausbildungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von der Modedesignerin über die Friseurin bis zur Sozialpädagogin.