Helfer sind enttäuscht vom VfL
Der Krefelder Verein „Sonne, Mond und Sterne“ hat einer acht Jahre alten Patientin einen Herzenswunsch erfüllt: den Besuch eines Spiels der Borussia. Doch nicht alle waren glücklich.
Mönchengladbach. Nach 93 Minuten Fußball war Victoria Shelley zufrieden: „Es war schön“. Die achtjährige Tochter eines Briten und einer Deutschen aus Krefeld-Traar leidet an Spinaler Muskelatrophie, einer Gen-Erkrankung.
Einer ihrer größten Wünsche ist in Erfüllung gegangen: Sie hat ein großes Stadion besucht. Trotzdem ist nicht die ganze Familie glücklich. Und die Helfer des Vereins, der den Besuch des Borussia-Parks organisiert hat, sind verärgert.
Als sich bei Victoria im privaten WM-Garagen-Studio im vergangenen Sommer der sehnliche Wunsch reifte, war das ein Fall für Meta Metz, die Vorsitzende des Vereins Sonne, Mond und Sterne, der sterbenskranken Erwachsenen und kranken Kindern Herzenswünsche erfüllt.
Denn die wirtschaftliche Situation der Familie ist nicht so rosig, dass ein Bundesligaspiel machbar wäre. Anfang Dezember 2010 kaufte Meta Metz deshalb bei der Borussia acht Karten für Victoria und ihre Begleiter.
Die Vorsitzende hat Erfahrungen mit sportlichen Großveranstaltungen: Sie war mit einem Patienten bei einem HSV-Heimspiel, mit einem anderen im Dortmunder Stadion oder auch bei einem Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring.
Überall gab es Vip-Behandlung, einen Stuhl für die jeweilige Begleitperson, sogar einen Plausch mit Spielern oder eine Ehrenrunde im Security-Car mit dem brasilianischen Rennfahrer Felipe Massa. Nichts dergleichen im Mönchengladbacher Borussia-Park.
Der Kleinbus mit dem Behindertenausweis im Fenster wird von einem Ordner, den Metz als „stur“ bezeichnet, zurück auf die Autobahn geschickt, weil die leere Straße zu der ein paar hundert Meter entfernten Südseite gesperrt ist.
Am Eingang sehen Ordner zwar den Rollstuhl, schicken Kind und Begleiter aber nicht zum Behinderteneingang. Die aus dem Mannschaftsbus aussteigenden VfL-Spieler dürfen sich nicht mit Victoria fotografieren lassen.
Seit 17 Jahren ist ihr Vater John Shelley Dialyse-Patient. Der 63-jährige Brite wartet auf eine Spenderniere. Zweieinhalb Stunden lang steht er hinter dem Rollstuhl seiner Tochter. „Ich habe dem Fan-Beauftragten frühzeitig gesagt, dass der Vater krank ist und sitzen sollte“, ärgert sich Metz.
Ein Klub-Vertreter ist nirgends in Sicht: „Keine Wertschätzung von Behinderten.“ Und Jürgen Hesse, Schriftführer von Sonne, Mond und Sterne, vergleicht den Rollstuhl-Bereich mit „Schießscharten“.
Im alten Stadion hatten die „Rolli-Fahrer“ die Fußball-Partien noch hautnah am Spielfeldrand verfolgen können. Im neuen Stadion sind sie in einer der oberen Etagen untergebracht.
Der Sozialverband VdK Mönchengladbach hat als Lobbyist für Behinderte „das Thema auf dem Schirm“, wie der Vorsitzende Bernd Wilms sagt. So würden die Rollstuhl-Fahrer im Borussia-Park mit Aufzügen befördert, die angeblich auch bei Feuer nutzbar seien. Das sei einer der Punkte, auf den der VdK ein Auge werfen wolle. Man werde in Kürze mit der Borussia in Kontakt treten.