Messerstecherei zwischen Hells Angels und Bandidos: Vier Verletzte
Mönchengladbach. Bei einer Messerstecherei zwischen den rivalisierenden Motorradclubs Hells Angels und Bandidos sind in der Nacht auf Sonntag auf dem Alten Markt in Mönchengladbach mindestens vier Personen verletzt worden, einer schwebt in Lebensgefahr.
Die Polizei nahm sechs Tatverdächtige fest.
„Es war wie ein Spuk“, sagt eine junge Frau kopfschüttelnd. „Die kamen aus dem Nichts und waren genauso schnell wieder weg.“ Sie fröstelt im dünnen kurzen Kleid auf dem Alten Markt.
Ihre Beobachtung bestätigt der Mitarbeiter eines Imbiss’: „Die waren auf einmal da, gegenüber vor der Bank, zwei Gruppen — mit Schlagstöcken, Baseballschlägern und Elektroschockern.“ Er könne noch nicht einmal sagen, ob eine von den beiden Gruppierungen angefangen hätte.
Genauso schnell wie die verfeindeten Gruppen zusammen gekommen sind, verflüchtigen sie sich auch wieder. Nach einem Moment voll Angst und Schrecken. Ein 31-Jähriger aus einem Kiosk hat noch die Türen geöffnet, um schreiende und flüchtende Menschen einzulassen. „Aber alle passten nicht rein“, sagt er bedauernd. Einige hätten später wieder raus gewollt, aber: „Ich habe sie nicht gelassen, weil es zu gefährlich war.“
Vor der Tür sei der Werbeständer zu Bruch gegangen, später habe er dort Blut weggewischt. Bei der Uhrzeit sind sich die Zeugen recht einig: „Es muss so gegen 23.45 Uhr gewesen sein.“ Ein paar Häuser weiter klingt „Aloha He“ aus dem Markt 26. Dort haben die Menschen fröhlich gefeiert und von den Geschehnissen vor der Tür nichts mit bekommen.
Die Polizei war in Alarmbereitschaft seit 23 Uhr. Da hatte sich eine größere Gruppe Bandidos auf dem Alten Markt gesammelt und war die Waldhausener Straße heruntergezogen. Vor einer Diskothek trafen sie auf eine etwa gleichstarke Gruppe Hells Angels. Bei der Auseinandersetzung sind nach ersten Ermittlungen der Polizei vier Menschen verletzt worden, einer davon lebensgefährlich durch eine Stichwunde.
Noch bevor die Polizei da war, zerstreuten sich die Gruppen, trafen an unterschiedlichen Orten wieder aufeinander. „So etwas hatten wir in Mönchengladbach noch nie“, sagt Polizeisprecher Jürgen Lützen, als er sich gegen 0.15 Uhr einen Überblick über die Lage verschafft.
Polizeikräfte kommen aus dem gesamten Umland, entlang der Aachener Straße steht ein blau-silbernes Auto hinter dem nächsten. Seit 23.47 Uhr sind auch die Rettungskräfte aus dem Kreis Viersen im Einsatz. Denn dort gibt es den Behandlungsplatz für einen Massenanfall an Verletzten.
Feuerwehrleute, Johanniter, Malteser und das Rote Kreuz stellen das Personal. Die Kräfte sammeln sich vor dem alten Theater. „Aber hier war alles ruhig“, sagt Kreisbrandmeister Klaus Riedel. „Wir haben keine Verletzten gesehen.“ Gegen 1.45 Uhr kommt die erlösende Nachricht: „Ihr werdet nicht mehr gebraucht, abrücken.“
Die Stimmung auf dem alten Markt in dieser Nacht auf dem Alten Markt ist unwirklich. An der Aachener Straße stehen Polizeikräfte, lassen niemanden mehr in diesen Bereich hinein. Wer über einen anderen Weg geht, kommt aber problemlos dorthin. Junge Erwachsene schwadronieren. Nur an einigen Ecken stehen Mädchengruppen mit verheulten Augen zusammen und hacken wie wild auf ihren Handys herum.
Melanie (23) und Hans-Willi (22), die um 1.15 Uhr am Taxistand Alte-Markt warten, nehmen es gelassen. „Bei uns passiert so etwas öfter“, sagt die Duisburgerin. Die beiden kommen aus der Nachtgalerie. „Die Besitzerin hat uns noch ermahnt, beim Rausgehen besonders vorsichtig zu sein“, sagt der junge Mann. Er hat schon das Gerücht gehört, das sich die Nacht über halten wird: „Es hat drei Tote gegeben, sagt ein Freund von mir.“
Die Zahl variiert, manche sprechen gar von vier oder fünf Opfern. Die Stimmung ist merkwürdig. Zwischen den wenigen Menschen, die über den Alten Markt flanieren, stehen Polizeiautos und Krankenwagen, jeder erzählt von der Auseinandersetzung, man überbietet sich gegenseitig mit Details, die die Polizei später allesamt nicht bestätigen wird. Und trotzdem wollen alle weiterfeiern.
Die Gladbacher Nacht in den Clubs nimmt wieder Fahrt auf. Gegen 2.30 Uhr stehen Polizisten noch an der Ausfallstraße nach Viersen und machen Stichproben bei den vorbeifahrenden Autos. Auch die Verletzten werden in den verschiedenen Krankenhäusern, in die sie gebracht worden sind, bewacht. Insgesamt sechs Tatverdächtige sind festgenommen worden.
Sowohl bei ihnen als auch bei den Opfern schweigt die Polizei bislang, zu welcher der jeweiligen Gruppierungen sie gehören. Auch der Hintergrund der Auseinandersetzung ist noch völlig unklar.