Mit den Mülldetektiven unterwegs
Den Menschen, die illegal Müll entsorgen, sagen die Ermittler der Mags den Kampf an. In vielen Fällen haben die Detektive Erfolg.
Es ist dunkel. Plötzlich fährt ein Auto vor und hält vor einem weißen Müllcontainer auf der Carl-Diem-Straße an. Der Mann wirft Papier in den Behälter, doch dann folgt eine weiße Flasche. Auf der Rücksitzbank eines Wagens mit getönten Scheiben können André Kehrbusch (43) und Michael Liedtke (54) alles genau beobachten, aber viel wichtiger noch: Mit der Kamera, die sie im Wagen haben, haben sie alles aufgezeichnet — auch das Kennzeichen des Autos. Denn als der Mann wieder wegfährt, schauen die beiden nach. Der Unbekannte hat Lösungsmittel weggeworfen — das ist verboten und wird mit mehreren Hundert Euro bestraft.
Liedtke und Kehrbusch sind Mülldetektive bei Mags. Seit der Gründung im Juli dieses Jahres gehen sie Ablagerungen nach, die es schon gibt und versuchen Indizien zu finden, die den Verursacher enttarnen. Daneben beobachten sie die Stellen, die bekannt dafür sind, dass dort Abfall entsorgt wird. „Leider wird in Mönchengladbach immer noch reichlich Müll entsorgt“, sagt Jörg Wilms, Teamleiter Überwachung und Service.
Der Arbeitstag der beiden, die vorher unter anderem als Straßenkontrolleure im Einsatz waren, beginnt an diesem Tag zur Mittagszeit, dabei ist von Früh-, Nacht- und Wochenenddiensten alles dabei. Um 12.35 Uhr fährt das Duo die steile Einfahrt in der Fliethstraße hinunter. Heute gehen sie mehreren Beschwerden von Bürgern, aber auch nachträglichen Kontrollen nach.
Der erste Punkt auf der Liste ist neben der Bachstraße. Es führt ein kleiner Weg neben einer Brücke weg. Dort liegen Papier, Joghurtverpackungen und Kleidersäcke herum. Kehrbusch zieht seine Handschuhe an und öffnet eine Kiste, schnell findet er ein GEZ-Schreiben mit Adresse. Nun erwartet den Adressat eine saftige Rechnung. Knapp 100 Euro muss er für die illegale Entsorgung blechen. „Allerdings nur für die Kiste mit Papier, für die danebenliegenden fehlen die Beweise“, sagt der 43-Jährige. Die Strafe hängt von Art und Menge ab. Er macht sogenannte Situationsfotos. Die Mags-Mitarbeiter gehen zurück zum Wagen, legen den Brief in den Kofferraum und desinfizieren sich gründlich die Hände. „Das ist wichtig in unserem Beruf“, sagt Liedtke.
Die nächste Station: die Odenkirchener Straße. Vor einem Haus liegen zwischen Bürgersteig und Straße ein Sofa, eine Kommode, Spiegelschränke, aber auch Elektrogeräte, wie ein Staubsauger sowie Kleidung. Die Mülldetektive machen Fotos von der Situation: von dem Müllberg, den Klingelschildern, dem Haus, der Straße.
„Es ist ganz wichtig, dass wir immer alles dokumentieren“, sagt Liedtke. Sein Kollege hat schon das Telefon in der Hand und ruft die Vermietergesellschaft an. In der Zwischenzeit kommen neugierige Bewohner nach draußen. „Derjenige, der das dort hingestellt hat, ist ausgezogen“, sagt eine Frau, wenig später bestätigt dies ein weiterer Mieter. Doch der Verdächtige kann es nicht alleine gewesen sein, denn als Kehrbusch und Liedtke den Müll untersuchen, fallen ihnen gleich mehrere Adressen auf. „Wenn einer anfängt, etwas hinzustellen, dann kommen auch andere auf die Idee“, sagt Kehrbusch. Verboten ist es natürlich trotzdem. Derjenige, der es zuerst war, trägt jedoch die Schuld. „Wir geben den Bürgern aber auch die Möglichkeit, so etwas binnen 24 Stunden wegzuräumen“, sagt Kehrbusch. Eine knappe Stunde dauert der Einsatz auf der Odenkirchener Straße. Es folgt eine Notiz im Tagesbericht.
Die beiden bekommen einen Anruf, sie sollen zu einem Hof in der Nähe fahren. Dort angekommen, ist das Gatter kaputt. Schon am Eingang liegen abgenagte Knochenteile herum, Tüten sind aufgerissen, Zwiebelschalen liegen am Boden, dazwischen Slipeinlagen und zermatschte Früchte. Kein schöner Anblick. Im Sommer begleitet solche Szenen noch ein unangenehmer Duft. Nicht selten komme es dann vor, dass sich Maden zwischen den Müllresten tummeln, erinnern sich beide. Kaum ausgesprochen, läuft eine Maus vorbei. „Neulich hatten wir große Ratten in einer Tonne, nahe dem Wasser“, sagt Liedtke und zeigt die Größe auf: mindestens ein Ellenbogen lang.
Zur Aufgabe gehört auch zu kontrollieren, ob alle Bürger einen Mülleimer besitzen. Das sei nicht selbstverständlich. Nicht immer seien aber die Bürger schuld, denn oftmals würden Vermieter auch keine Müllcontainer zur Verfügung stellen. Auch Flüchtlingen wird nicht immer erklärt, wie der Müll richtig zu entsorgen ist. André Kehrbusch und Michel Liedtke klingeln an einem Mehrfamilienhaus und warten. Währenddessen prasselt der Regen auf die Köpfe der beiden nieder. Bis auf einen Bewohner scheint in dem Haus mit sechs Klingelschildern, niemand zu Hause zu sein. Doch der Bewohner sagt, er habe keine Zeit und komme nicht raus. „So was passiert auch, aber davon lassen wir uns nicht entmutigen. Wir kommen einfach später noch einmal wieder“, sagt Liedtke. In die Wohnungen gehen die beiden jedoch nicht, das gehöre nicht zur Aufgabe. In vielen Fällen würde es schon reichen, Präsenz zu zeigen. Auch wenn manche Anwohner unfreundlich sind, haben die beiden noch keine Gewalt bei ihren Einsätzen erlebt. „Es könnte sogar sein, dass wir einmal Leichen- oder Bombenteile entdecken“, sagt Liedtke. Angst haben die beiden nicht. „Darüber darf man einfach nicht nachdenken“, sagt Kehrbusch. Ihm gefällt der Job. „Er ist sehr abwechslungsreich und macht viel Spaß.“ Sein Kollege nickt.