Straßenkunst in Rheydt Kunst in der dritten Dimension
Mönchengladbach. · Der gebürtige Pole ist ein weltweit gefragter 3D-Straßenkünstler. Mit seiner Malerei hat er sogar schon Weltrekorde aufgestellt. Seit 1984 lebt er in Mönchengladbach – und gestaltet nun sein neuestes Werk in Rheydt.
Mitte Juli in Dänemark, vor zwei Wochen in Slowenien: Gregor Wosik kommt derzeit mit seiner Straßenmalerei wieder viel herum. „Im Sommer habe ich keine freien Wochen“, sagt er. Das Besondere an seinen Arbeiten: Der Mönchengladbacher bringt 3D-Illusionen aufs Pflaster. Seit vergangenem Montag entsteht zusammen mit seinem Künstlerfreund Tigran Aloian sein neuestes Werk vor der Stadtbücherei in Rheydt. Es zeigt den Verlauf der Gladbach sowie die Statue Graf Balderich, zudem eine Sanduhr – sie soll auf den gegenwärtigen Zustand von Rheydt verweisen. Was noch fehlt, ist das Münster am Abteiberg. Mit Kapitänsmütze steht der 65-Jährige in der prallen Mittagssonne und arbeitet daran.
Die Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft aus Rheydt beauftragte ihn mit der Arbeit. Es sei aber auch gute Werbung für sein Atelier, bemerkt Wosik. Das steht direkt gegenüber der Stadtbücherei und ist eine Mischung aus Baustelle, Galerie und Treffpunkt für jedermann. Wosik bezog mit Aloian die Immobilie im Frühjahr über das Projekt Schauzeit, einer Initiative des Projektmanagements Rheydt gegen Leerstand. In einer Sitzecke stehen und hängen auch einige Ölgemälde von ihm. Sie waren einst sein Einstieg in die Kunst, inspiriert von Größen wie Rembrandt und Caravaggio. Doch einen Namen in der Szene machte sich Wosik erst mit seiner Kunst im Freien.
Der gebürtige Pole verdiente sein Geld zunächst als Fußballer in der dortigen 2. Liga. „Das hat zum Leben gereicht“, sagt er. Irgendwann sei er aber nicht mehr gefragt gewesen, also zog es ihn 1984 mit 28 Jahren nach Mönchengladbach. Freunde von ihm wohnten dort, einen Job bekam er bei Mercedes in Düsseldorf – in der Lackiererei. Gemalt habe er aber damals bereits. Irgendwann ließen sich dann Aufträge und Arbeitszeit nicht mehr vereinbaren, also lebte Wosik nur noch als freischaffender Künstler. Rund um die Jahrtausendwende erfuhr er dann von einem Streetart-Festival in Geldern. Er fuhr hin – und sagte sich: „3D-Malerei, das kann ich auch.“
Mittlerweile ist er weltweit mit seiner Straßenkunst im Einsatz: Kanada, USA oder Dubai – Wosik hat schon in vielen Ländern seine Motive auf Pflaster, Beton oder Asphalt gepinselt. Jeden Sommer würden pro Monat zwei bis drei neue Gemälde hinzukommen. 2008 stellte er im niederländischen Rijssen sogar den Weltrekord für die größte 3D-Straßenmalerei auf – eine Fläche von 750 Quadratmetern. 2012 übertraf er diesen Rekord noch einmal mit 1570 Quadratmetern in Wilhelmshaven. Zwei Jahre später wirkte er auch bei einem erneuten Rekord auf einem Flughafengelände in Florida mit.
In Rheydt zieht sein Werk seit Tagen die Leute an. „Einige kommen regelmäßig, um den Fortschritt zu sehen“, sagt Wosik. Für seine 3D-Arbeiten legt er zu Beginn immer einen Ausgangspunkt fest, von dem er mehrere Schnüre senkrecht in die für das Gemälde vorgesehene Fläche zieht. Diese helfen ihm, die Perspektive zu halten. Danach seien nur noch die Größen- und Höhenverhältnisse anzupassen. Einfach sei das trotzdem nicht, beteuert er. Die Ideen zu seinen Motiven kommen ihm hingegen oft einfach so.
An seiner Arbeit faszinieren ihn vor allem die direkten Reaktionen der Leute. „Die meisten sind immer erst skeptisch und fragen: Was soll das? Wann geht das wieder weg? Am Ende sagen die gleichen Leute aber zumeist, dass es doch gut aussieht. Dann muss ich immer lachen“, sagt Wosik.
Er hat auch noch einen Künstlertraum: Zwölf Madonnen in 3D-Optik um den Obelisken auf dem Petersplatz in Rom. „Da bekomme ich gleich eine Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt er. Aktuell gilt sein Fokus aber noch dem Münster am Abteiberg vor der Stadtbücherei in Rheydt.