Transfermarkt Gladbach setzt auf neue Talente
Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbach wird auf dem Transfermarkt in diesem Sommer eher zurückhaltend agieren. Die Verantwortlichen des Champions-League-Teilnehmers setzen weiterhin auf die eigene Talentförderung.
An das „neue Zeitfenster“ im Fußball auf Grund der Corona-Pandemie hat man sich längst gewöhnt. Dazu gehört auch der Transfersommer 2020, der zwangsläufig nach hinten verschoben werden musste. Diesmal haben die Bundesliga-Klubs bis Anfang Oktober Zeit für ihre Deals. Insgesamt herrscht eine relative Ruhe auf dem Markt, der vor drei Wochen eröffnet wurde. Nur die beiden Top-Vereine in der Liga sowie „Big-City-Klub“ Hertha BSC sorgen bisher für Aufsehen. Rekordmeister FC Bayern München hat mit Leroy Sane von Manchester City für rund 50 Millionen-Euro einen spektakulären Einkauf getätigt, und Dortmund blätterte für den 17-jährigen Jude Bellingham aus Birmingham mehr als 23 Millionen Euro hin. Hertha BSC wiederum holte für die Berliner Rekordsumme von 25 Millionen den Mittelfeldstrategen Lucas Tousart aus Lyon. Von solch aufsehenerregenden Aktionen ist Borussia Mönchengladbach vor ihrer 53. Bundesligasaison weit entfernt. „Dass diese so erfolgreiche Mannschaft zusammen bleibt und den neuen Weg gemeinsam mit dem Trainer weitergeht, kann mehr wert sein als ein millionenschwerer Transfer“, sagt Sportdirektor Max Eberl.
Die Verantwortlichen des Klubs lassen unabhängig vom Einzug in die Champions League und der zu erwartenden sicheren Einnahmen im 30-Millionen-Euro-Bereich lieber Vorsicht walten. „Man muss mehr auf die Bremse treten, kreativ sein und den Markt genau beobachten“, betont Eberl, der seit mehr als einem Jahrzehnt die Geschicke bei Borussia Mönchengladbach leitet und für sein feines Gespür und „Transfer-Händchen“ bekannt ist.
Was war das vor einem Jahr für ein Auftrieb im Borussia-Park, als der neue Cheftrainer, Top-Transfer Marco Rose, seine Zelte am Niederrhein aufschlug und die Fohlen Elf zu Saisonbeginn mehrere hochkarätige Zugänge präsentierte: Vier Neue, vier Volltreffer. Stefan Lainer, Breel Embolo, Marcus Thuram sowie Ramy Bensebaini. Ein gutes Investment und der Clou: die 40 Millionen waren fast 1 zu 1 gedeckt durch die Wechsel von Thorgan Hazard (zum BVB) und Michael Cuisance (FC Bayern). Diesmal hat Borussia Mönchengladbach lediglich Offensivakteur Hannes Wolf (21) aus Leipzig geholt (für etwa 1,5 Millionen Euro Leihgebühr), ein weiterer Neuer für „kleines Geld“ soll noch folgen. Während Raffael, Tobias Strobl und Fabian Johnson künftig von der Gehaltsliste im Borussia Park verschwinden, füllt die Fohlen Elf ihren Kader mit jungen Talenten auf: fünf an der Zahl sollen es sein. Eberl: „Sie sollen die Vorbereitung mitmachen und sich zeigen.“ In den vergangenen zwölf Jahren, so hat Eberl im „Fohlen Echo“ erzählt, „haben wir mehr als 100 Jugendspieler zu Profis ausgebildet. Diesen Weg müssen wir weitergehen.“
Junge Spieler aus den eigenen Reihen an den Profikader heranzuführen oder Talente aus der Nähe oder auch Ferne zu entdecken war in der Tat immer eine herausragende Qualität der Niederrhein-Elf. Nur gut sechs Monate nach seinem Einstieg in Gladbach als Sportdirektor lotste Max Eberl einen gewissen Marco Reus in den Borussia-Park. Rot-Weiß Ahlen wurde 2009 um eine Million Euro reicher, und die Fohlen Elf hatte sich ein Juwel geangelt. Reus blieb drei Jahre. Dann engagierte Borussia Dortmund den heute 31-Jährigen für 17 Millionen Euro. Auch eine Stärke des VfL und des Managers, aus einem Verkauf, der nicht zu verhindern war, Profit zu schlagen. Das war in jüngerer Zeit immer wieder mal der Fall. Wie beim Baseler Granit Xhaka, der acht Millionen Euro gekostet hat und 2015 für 45 Millionen Euro nach London zu Arsenal transferiert wurde. Gladbach-Rekord auf der Einnahmeseite.
Im Idealfall schaffen Talente aus der eigenen Nachwuchs-Akademie den Sprung in den Profikader. Als vorläufig Letztem gelang dies Jordan Beyer, der junge Verteidiger aus dem niederrheinischen Kempen. Nach einem kurzen Intermezzo beim HSV kehrt er jetzt zu den Profis von Borussia zurück. Als Nächster könnte der 18-jährige Portugiese Famana Quizera den entscheidenden Schritt schaffen. Der Offensivspieler fährt Mitte August mit ins Trainingslager nach Harsewinkel im Münsterland. Zum Trainingsauftakt waren mit Kaan Kurt, Famana Quizera, Jordi Bongard, Conor Noß und Rocco Reitz sowie Torben Müsel aber noch viele weitere Nachwuchskräfte dabei, die den Sprung zu den Profis dauerhaft schaffen wollen.