Mohamed ElBaradei: Prominentes Gesicht Ägyptens
Der Nobelpreisträger Mohamed ElBaradei sprach in Gladbach vor 800 Zuhörern.
Mönchengladbach. Hoffnungsträger, Schlüsselfigur oder Diplomat unter Despoten — Mohamed ElBaradei wurde in den vergangenen Jahren mit vielen bedeutungsvollen Begriffen der internationalen Politik in Verbindung gebracht.
Als ehemaliger UN-Waffenkontrolleur im Kampf gegen Atomwaffen spielte er eine zentrale Rolle. Heute spielt der 70-Jährige sie als derzeitiger Oppositionsführer in seinem Heimatland Ägypten.
In der Kaiser-Friedrich-Halle sprach der Friedensnobelpreisträger 2005 am Mittwochabend in der Reihe „Nobelpreisträger der Welt in Mönchengladbach“ zum Thema „Ägyptens Marsch in Richtung Demokratie und der Weg zum dauerhaften Frieden“. Während seines rund 45-minütigen Vortrags präsentierte sich Mohamed ElBaradei angesichts seiner dargelegten „Brandbreite politischer Herausforderungen“ als kritischer Analyst und als unermüdlicher Fürsprecher für Toleranz, Menschlichkeit und Freiheit.
Seiner Ansicht nach bewege sich Ägypten zwei Jahre nach Ausbruch des Arabischen Frühlings zwischen „Traum und Alptraum“. Nach dem Sturz Mubaraks sei dort der Lebensstandard gesunken, der Tourismus habe um 50 Prozent abgenommen und die Währung verliere 20 Prozent an Wert.
Der Weg Richtung Demokratie verlaufe zudem sehr holprig, erklärte ElBaradei den rund 800 Zuhörern im Saal: Die vom Islam dominierte Mursi-Regierung denke nicht an die Grundsätze der Demokratie. Dabei bräuchte Ägypten eine Verfassung, in der die Menschenrechte fest verankert seien, und gesellschaftliche Gerechtigkeit.
Im ruhigen wie sachlichen Ton warf der zweifache Familienvater noch einen Blick auf die Krisenherde in anderen Teilen der Welt, die ebenfalls von „Ungleichheit und Unsicherheit“ bestimmt werden: Vor allem der Nahe Osten mit dem Palästinakonflikt im Zentrum zeichne ein düsteres Bild. Mohamed ElBaradei plädierte daher für einen „Dschihad des Herzens“, an dem sich die „menschliche Familie“ beteiligen soll.
Im anschließenden Gespräch mit dem Journalisten und Fernsehproduzenten Gero von Boehm kündigte der Friedensnobelpreisträger noch den nächsten Schritt bei Ägyptens Marsch in Richtung Demokratie an: Bis zum 30. Juni sollen neun Millionen Unterschriften für ein Referendum zur Abwahl Mursis gesammelt werden. jek