Nächster Halt: Berlin

Seit Sonntag ist Mönchengladbach an den Fernverkehr der Bahn angeschlossen – auf Probe.

Mönchengladbach. Schon die Anzeigentafel im Mönchengladbacher Hauptbahnhof verkündet es voller Stolz: "ICE 12.05 Uhr. Ziel Berlin - Abfahrt Gleis 6." Fohlen Jünter hat sich mit dem Berliner Bär verbündet und macht mit ihm gemeinsam die Bahnhofsbesucher auf die Sensation aufmerksam, die die Anzeigentafel nicht von A bis Z studieren, sondern nur ihren Zug suchen - oder den Bahnhof als Passage nutzen.

Oben auf dem Gleis fehlt nur die Blasmusik, um dem Stolz vollständigen Ausdruck zu verleihen. Ansonsten ist alles aufgefahren, was die Stadt an Prominenz zu bieten hat. Es gibt Sekt und Schnittchen, Berliner Ballen und Gladbacher Knööp. Den Sekt muss man allerdings nicht kaltstellen, denn es ist am Bahnsteig so zugig, als wolle auch der Wind der Königsklasse deutscher Züge, dem ICE, Referenz erweisen.

"Wir waren die größte deutsche Stadt ohne Anbindung ans Fernverkehrsnetz der Bundesbahn", sagt OB Norbert Bude und hofft, ein verkehrstechnisch schwieriges Kapitel auf Dauer abgeschlossen zu haben. Auch wenn es lediglich ein Anfang ist. "Denn im Endeffekt wird es darauf ankommen, wie intensiv diese Züge genutzt werden", sagt der Gladbacher Bundestagsabgeordnete Günter Krings, der sich auf Bundesebene jahrelang für die Anbindung eingesetzt hat.

Zwar scheint die Strecke auf ihn zugeschnitten - der ICE fährt am Sonntag nach Berlin und am Freitag zurück, (und ein IC in die jeweils andere Richtung), "aber das passt von der Zeit her nicht immer", sagt er. Frank Schmidt wird ihn in Zukunft öfter nehmen. Der Gladbacher fuhr sonst mit dem Auto zum Arbeiten nach Hamburg. "In diesem Zug fahre ich bis Hannover, wo ich umsteige."

Käthe Müdder bricht an diesem Sonntag zu einem Besuch zu ihrem Sohn in Berlin auf. "Ich bin froh, dass ich durchfahren kann", sagt die ältere Dame, "und nicht umsteigen muss." Auch Jürgen Jakobs wird nicht nur einmal in diesen Zug steigen. Der Polizeibeamte arbeitet in Brandenburg, wohnt in Berlin und ist häufiger in Gladbach zu Gast. "Für eine Großstadt wie Mönchengladbach finde ich eine ICE-Anbindung wichtig."

Zwar bringt der ICE keine Zeitersparnis - die Verbindungen mit Umsteigen in Düsseldorf sind geringfügig kürzer - "aber man kann den Anschlusszug nicht verpassen und muss nicht auf zugigen Bahnhöfen rumstehen", sagt er. Der Zug kann bis Düsseldorf nicht schnell fahren, denn er nutzt herkömmliche Gleise. "Wir wünschen uns natürlich noch viel mehr Fernzüge", sagt Detlef Neuss von Pro Bahn.

Als Pendler nach Düsseldorf beobachtet er, wie viele Menschen aus Gladbach und Rheydt täglich dort in den Fernverkehr umsteigen. "Eine andere Verbindung müsste dann über Köln und Frankfurt nach Süddeutschland gehen", sagt er. Die momentane Fernverbindung, die auch Rheydt Hauptbahnhof bedient, ist zunächst für die nächsten beiden Jahre gesichert.