Fachkräftemangel in Mönchengladbach Krisenstimmung in den Kitas
Mönchengladbach. · Kinder sind gestresst, Mütter und Väter verzweifelt: Die Lage im Kindergarten Gartenkamp sei angespannt, wie der dortige Elternrat mitteilt. Der Grund dafür ist Personalmangel. Dieses Problem hat längst auch andere Kitas erreicht.
(af) Bei etlichen Eltern, deren Kinder die städtische Kita Gartenkamp in Hardt besuchen, liegen die Nerven blank. „Sie funktionieren nur noch. Die Akkus sind leer“, sagt Diana Welsch vom Elternrat des Kindergartens nach Gesprächen mit anderen Eltern. Die vergangenen Monate seien belastend für die Familien gewesen, und das habe nicht nur an den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie gelegen.
„Bis Ende letzten Jahres mussten wir gefühlt jeden Donnerstag und Freitag unsere Kinder früher abholen“, erinnert sich Welsch. Über Wochen sei die Öffnungszeit auf den Zeitraum von 7.30 Uhr bis 15 Uhr begrenzt worden. Für berufstätige Eltern, die auf eine Betreuung von 7 bis 16.30 Uhr angewiesen sind, habe das Probleme mit sich gebracht.
Der Grund, warum sich die Kinder oft bereits um 15 Uhr nach Hause verabschieden mussten: eine massive Personalknappheit in der städtischen Kita. „Auf dem Papier sind es genug Leute“, weiß Welsch, doch das Problem seien Ausfälle von Mitarbeitern gewesen, die nicht vertreten werden konnten. „Ein Kranker wird erst ersetzt, wenn er über sechs Monate arbeitsunfähig ist. Wenn also aus Krankheitsgründen in der Kita nicht genügend Erzieher sind, werden Springer eingesetzt. Wenn aber keine Springer da sind, kann die Kita natürlich nicht mit Springern bedient werden“, sagt Welsch.
Eine solche Verkettung unglücklicher Gegebenheiten führte auch zu einer besonders belastenden Situation für Kinder, Eltern und Kita-Mitarbeiter: „Es gab eine Woche, in der zwölf Erzieherinnen nicht da waren. Das bedeutete, eine Betreuungsperson pro Gruppe, wobei das nicht unbedingt eine Vollzeitkraft war“, erinnert sich Diana Welsch. Immer, wenn Kita-Mitarbeiter anriefen und ankündigten, dass Kinder nicht betreut werden konnten, bedeutete das bei den betroffenen Familien: Tagesplanungen über Bord werfen. „Viele waren verzweifelt“, erinnert sich Welsch. „Sie waren im Homeoffice und haben dann ihre Arbeitszeiten geschoben, andere Kinder mitbetreut oder ihre Kinder vor den Fernseher gesetzt.“
Zeit zu Hause, statt Zeit mit Freunden in der Kita zu verbringen, ließ bei den Kindern offenbar schnell die Stimmung kippen. „Sie reagierten mit Unverständnis, weil sie mit Freunden spielen wollten. Andere Mütter sagten mir, dass sich bei einigen Kindern Verhaltensauffälligkeiten zeigten. Sie traten und schubsten“, berichtet Welsch.
Der städtische Fachbereich Kinder, Jugend und Familie steht seit geraumer Zeit im engen Kontakt mit Welsch und den anderen Eltern. Strukturell habe der Fachbereich in jeder städtischen Einrichtung bereits für einen Springer gesorgt. „Aber in einer außergewöhnlichen Lage kommt jede noch so gut geplante Struktur ebenfalls an ihre Grenzen“, teilte die Stadt mit und: „Davon betroffen sind nicht nur die Eltern der Kindertagesstätte in Hardt, sondern fast aller Einrichtungen.“ Den Stand der Dinge kommentiert Diana Welsch so: „Die Situation hat sich durch Genesung schon verbessert, aber eine Vollzeitfachkraft pro Gruppe reicht nicht. Es müssen zwei Vollzeitfachkräfte pro Gruppe sein.“
Und am Horizont sieht sie als Mitglied des Elternrats bereits die nächsten Herausforderungen heranziehen: „Die Kita ist ab Sommer wieder überbelegt, und es könnten noch mehr Kinder werden, wenn auch Plätze für die ukrainischen Kinder nötig werden. Die ,Brückenangebote‘ der Stadt, also Eltern-Kind-Angebote, werden nicht ausreichen. Wenn die ukrainischen Mütter auch einer Berufstätigkeit nachgehen, brauchen sie auch einen Kita-Platz.“ Die Stadt Mönchengladbach setzt laut eigenen Angaben bereits einiges in Bewegung, um sich für zukünftige Herausforderungen zu wappnen: „Ein Ausweg aus der Situation stellt die Gewinnung neuer Fachkräfte dar, die die vorhandenen Lücken füllen können. Daher verfolgt die Stadt Mönchengladbach seit längerer Zeit verschiedene Kampagnen zur Gewinnung neuer Fachkräfte.“ Als Modellkommune werde unter dem Motto „Läuft bei uns!“ aktiv um neue Mitarbeiter geworben. Neben der Werbung für den Erzieherberuf sei auch ein Umschulungsangebot in enger Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter geschaffen worden.
„Darüber hinaus engagiert sich die Stadt sehr aktiv für die Gewinnung neuer Fachkräfte aus dem Ausland und hat erfolgreich neue Fachkräfte aus Spanien in mehrere Einrichtungen integriert. Ebenfalls konnten die Zahlen neuer Ausbildungsplätze in den vergangenen Jahren stetig erhöht werden“, teilte der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der Stadt mit mit.